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Fragen und Antworten zu gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlagen

Neun Fragen zu technischen, rechtlichen und organisatorischen Grundlagen rund um den "Mieterstrom" bzw. gemeinschaftliche Stromerzeugungsanlagen. Beantwortet von den Expertinnen und Experten von illwerke vkw, Vorarlberg Netz und Energieinstitut Vorarlberg.

  1. Welche Vorteile und welchen Nutzen haben gemeinschaftliche Stromerzeugungsanlage aus Sicht der Stromkunden?
  2. Welche Voraussetzungen müssen für die Umsetzung von gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage erfüllt sein?
  3. Wenn intelligente Zähler verwendet werden, wie schaut es dann mit dem Datenschutz aus? Können die anderen Bewohner sehen was ich verbrauche?
  4. Wer kann Betreiber einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage sein?
  5. Wie und wann wird die Abrechnung des gemeinschaftlich erzeugten Stroms durchgeführt? Kostet das etwas?
  6. Gibt es einen Unterschied zwischen Mieter und Eigentümer in Bezug auf eine solche Anlage?
  7. Wie funktioniert das System, wenn nicht alle in der Wohnanlage mitmachen möchten? Braucht es hier Einstimmigkeit / Mehrheitsentscheidungen?
  8. Wie wird eigentlich der PV-Strom zwischen den Abnehmern aufgeteilt (statisches und dynamisches Verfahren)?
  9. Kann der gemeinschaftlich erzeugte Strom auch am freien Markt gehandelt und verkauft werden?

1. Welche Vorteile und welchen Nutzen haben gemeinschaftliche Stromerzeugungsanlage aus Sicht der Stromkunden?

Durch den gemeinsamen Betrieb einer PV-Anlage können auch Mieter und Eigentümer in Mehrwohnungshäusern Teil der Energieautonomie sein und den erzeugten Strom selbst nutzen. Ein weiterer Vorteil ist, dass der direkt verbrauchte Strom von der PV-Anlage nicht mit Netzentgelten und Steuern für den Bezug von Strom aus dem öffentlichen Netz belastet wird. Denn faktisch wird dieser Strom nicht aus dem Netz bezogen. So kann PV-Strom günstiger als der Reststrom bezogen werden.

2. Welche Voraussetzungen müssen für die Umsetzung von gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage erfüllt sein?

Die gemeinschaftliche Stromerzeugungsanlage muss per Gesetz an die Hauptleitung im Gebäude der teilnehmenden Berechtigten angeschlossen werden. Als Messgerät für Bezug und Einspeisung kommen intelligente Messgeräte (Smart Meter) zum Einsatz. Die Stromerzeugungsanlage sowie jede teilnehmende Partei besitzen einen eigenen Zählpunkt, der die Erzeugungs- oder Verbrauchswerte im Viertelstundenraster erfasst. Der Betreiber bzw. die Betreibergemeinschaft der Stromerzeugungsanlage schließt mit den teilnehmenden Mietern und / oder Eigentümern einen Betriebs- und Errichtungsvertrag ab. Hier wird beispielsweise eine Vereinbarung über die Aufteilung des erzeugten Stroms (dynamisch oder statisch) an die Teilnehmer getroffen. Diese vertraglichen Vereinbarungen sind dem zuständigen Netzbetreiber mitzuteilen. Für die Einspeisung des überschüssig erzeugten PV-Stroms und des Reststrombezugs werden ein Stromeinspeisevertrag sowie Strombezugsverträge mit dem Energieversorger und dem Netzbetreiber abgeschlossen. Die freie Wahl des Stromlieferanten darf für den Bezug der einzelnen Teilnehmer nicht eingeschränkt werden.

3. Wenn intelligente Zähler verwendet werden, wie schaut es dann mit dem Datenschutz aus? Können die anderen Bewohner sehen was ich verbrauche?

Datenschutz ist ein wichtiges Thema und betrifft bei einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage mehrere Beteiligte. Zum einen führt der Netzbetreiber die Saldierung der Messwerte durch. Dieser ist verpflichtet, die Datenschutzgrundverordnung einzuhalten. Zum anderen hat der Betreiber einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage die Datenschutzverpflichtungen einzuhalten. Wenn sich eine Personengruppe dazu entschließt, eine gemeinschaftliche Stromerzeugungsanlage zu errichten, so empfiehlt es sich einen unabhängigen Betreiber zu suchen, damit der Datenschutz entsprechend gewährleistet wird.

4. Wer kann Betreiber einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage sein?

Betreiber einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage können Gebäudeeigentümer, Wohnungseigentümer, Mieter oder auch Externe wie Energiedienstleister sein. Eine Option für einen gemeinschaftlichen Betrieb ist die Gründung eines Vereins, einer Genossenschaft oder Gesellschaft. Auch Energiedienstleister können mit Zustimmung der Eigentümer einer Liegenschaft das Dach und (falls vorhanden) die PV-Anlage mieten und betreiben. Alternativ kann der Energiedienstleister das Dach mieten und eine PV-Anlage mittels Contracting errichten und betreiben. Die Komplexität der Errichtung, des Betriebs und der Abrechnung ist nicht zu vernachlässigen. Hier kann ein Mieterstrommodell gemeinsam mit dem Energiedienstleister deutlich einfacher sein, da diese Aufgaben dienstleistend übernommen werden.

5. Wie und wann wird die Abrechnung des gemeinschaftlich erzeugten Stroms durchgeführt? Kostet das etwas?

Die Saldierung der Messwerte erfolgt durch den Netzbetreiber, der die Reststrombezugsmenge dem jeweiligen Stromlieferanten meldet. Diese Abrechnungen erfolgen meist einmal jährlich. Es fallen keine Kosten für die Einrichtung sowie die Abrechnung der gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage durch den Netzbetreiber an. Welche Kosten sonst für die Organisation und Abwicklung der gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen anfallen, hängt von der gewählten Umsetzungsform und den Kosten für Dienstleistungen Dritter ab.

6. Gibt es einen Unterschied zwischen Mieter und Eigentümer in Bezug auf eine solche Anlage?

Grundsätzlich gibt es keine Unterscheidung nach der wohnrechtlichen Situation. Jede berechtigte Verbrauchsanlage darf Teil eines solchen Modells sein. Jedoch müssen Eigentümer der Liegenschaft der Errichtung einer Photovoltaikanlage zustimmen.

7. Wie funktioniert das System, wenn nicht alle in der Wohnanlage mitmachen möchten? Braucht es hier Einstimmigkeit / Mehrheitsentscheidungen?

Jede Partei in einem Gebäude mit einer gemeinschaftlichen Stromerzeugungsanlage hat die Wahl, sich daran zu beteiligen oder davon keinen Gebrauch zu machen. Wird eine PV-Anlage auf dem Dach einer Wohnungseigentümergemeinschaft errichtet, so verfügt der Errichter bzw. in weiterer Folge der Betreiber über Allgemeineigentum der Gemeinschaft. Das Zustimmungserfordernis ist abhängig von dem gewählten Vertragsmodell. Der Betreiber oder die Betreibergemeinschaft kann sich hier die Verfügung beispielsweise über einen Mietvertrag oder über einen Dienstbarkeitsvertrag sichern.

8. Wie wird eigentlich der PV-Strom zwischen den Abnehmern aufgeteilt (statisches und dynamisches Verfahren)?

Im ersten Schritt wird immer die erzeugte PV-Energie unter den teilnehmenden Verbrauchern anteilig zugeordnet. Die darüber hinaus erzeugte Energiemenge wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die anteilige Zuordnung des PV-Stroms erfordert die Messung der Erzeugung und des Verbrauchs in einem Viertelstunden-Intervall. Hier besteht die Möglichkeit, über einen statischen oder einen dynamischen Aufteilungsschlüssel zu bilanzieren. Die Wahl sowie die Mechanik des Aufteilungsschlüssels werden vertraglich festgelegt. Bei einem statischen Aufteilungsschlüssel erhalten die Teilnehmer jeweils einen festgesetzten Anteil an der erzeugten PV-Energie. Kann der Teilnehmer diesen Anteil pro Viertelstunde nicht gänzlich verbrauchen, wird der nicht genutzte Anteil des PV-Stroms in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Der dynamische Aufteilungsschlüssel ist im Gegensatz zum statischen Aufteilungsschlüssel flexibel und bedarfsgerecht. So verändert sich der Aufteilungsschlüssel je Viertelstunde abhängig von der Höhe der Gesamtenergieerzeugung und des Gesamtenergiebedarfs. Dieses Modell ist darauf ausgelegt, dass die Teilnehmer so viel wie möglich selbst verbrauchen. Dadurch werden Abrechnung und Vertragsgestaltung komplexer.

9. Kann der gemeinschaftlich erzeugte Strom auch am freien Markt gehandelt und verkauft werden?

Hier muss eine Marktzugangsberechtigung vorliegen. Diese besitzen meist nur Energieversorger. Zukünftig könnte es auch möglich werden, mittels Blockchain-Technologie Energie mit anderen zu teilen, allerdings ist hier der gesetzliche Rahmen noch nicht geschaffen.

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