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Ein wacher Blick auf die Welt außerhalb der unsrigen hilft, innovativ zu bleiben.

Energieinstitut-Obmann Johannes Rauch im Gespräch über Regeln und Freiwilligkeit, Transformation und den Wunsch nach Einstimmigkeit auf dem weiteren Weg zur Energieautonomie.

Energieinstitut-Obmann Johannes Rauch im Gespräch über Regeln und Freiwilligkeit, Transformation und den Wunsch nach Einstimmigkeit auf dem weiteren Weg zur Energieautonomie.

Johannes Rauch wurde im Dezember 2019 zum Obmann des Energieinstitut Vorarlberg gewählt. Er ist seit 2014 Umwelt-, Klimaschutz- und Mobilitätslandesrat und verantwortet seit 2019 auch die Energieagenden in der Landesregierung.

max50: Das Energieinstitut begleitet Vorarlberg auf dem Weg zur Energieautonomie. Wie schaut für dich eine gute Begleitung aus?

Johannes Rauch: Das Energieinstitut liefert die notwendige Expertise für diesen Weg – und das seit vielen Jahren auf exzellentem Niveau! Wir sind sehr dankbar für diese fachliche Unterstützung, die sich auch auf ein großes Netzwerk innerhalb Österreichs, aber auch darüber hinaus, stützen kann. Begleitung heißt für mich auch, neue Entwicklungen zu erkennen und darauf hinzuweisen, was sich tut. Ein wacher Blick auf die Welt außerhalb der unsrigen hilft, innovativ zu bleiben. Ich sehe das Energieinstitut als Kompetenzzentrum, im besten Sinn des Wortes. Wir werden in Zukunft noch stärker auf Umsetzungswissen, das Lernen von den Besten und den Mut zu Neuem angewiesen sein.

Begleiten heißt manchmal auch, die Richtung zu weisen. Wo liegt für dich die Balance zwischen Freiwilligkeit und Regeln?

Johannes Rauch: So viele Regeln wie notwendig, soviel Freiwilligkeit als möglich! Freiwilligkeit, die auf der Erkenntnis beruht, dass Dinge notwendig sind, ist allemal besser. Allerdings sind wir Menschen halt auch so gestrickt, dass wir oft auch klare Vorgaben und Leitlinien für unser Handeln brauchen. Diese Balance zu finden ist manchmal gar nicht so einfach!

Wir haben auf dieser Welt eigentlich kein Energieproblem, sondern ein CO2-Problem.

Johannes Rauch: Diese Erkenntnis wird meiner Einschätzung nach unser aller Sichtweise gravierend verändern. Sobald CO2 – ganz entlang der marktwirtschaftlichen Prinzipien – den Preis erhält, der geboten ist, um die Klimaziele von Paris zu erreichen, beginnt ein neues Zeitalter, oder besser: ein Transformationsprozess in die Post-fossile-Gesellschaft. Es wird an uns liegen, diesen Transformationsprozess so zu gestalten, dass er ohne ökonomische und soziale Verwerfungen stattfinden kann. Eine ziemliche Herausforderung, offen gestanden.

Wir werden uns wohl auch an die Klimaveränderungen anpassen müssen. Ein weites Feld?

Johannes Rauch: Klimawandelanpassungsstrategien werden ziemlich viele Bereiche umfassen, angefangen von der Land und Forstwirtschaft, über das Bauen, die Kühlung von Gebäuden, die Erhöhung der Resilienz von Gesellschaften bis hin zum Tourismus und dem Mobilitätsverhalten. Insofern werden sich auch alle Akteur*innen diesem Thema stellen müssen.

Was wir essen und wie wir Lebensmittel produzieren, hat einen großen Einfluss auf den CO2-Ausstoß. Wie kriegen wir diese Emissionen in den Griff?

Johannes Rauch: Diese Frage ist nicht zu klären ohne die Akteur*innen aus der Landwirtschaft. Meiner Einschätzung nach muss es zu einem neuen, direkten Konsument*innen-Produzent*innen- Verhältnis kommen, das eine Wertschätzung für Lebensmittel auf der einen Seite beinhaltet, ebenso wie die Bereitschaft, zu „Vertragslandwirtschaft“ mit klaren Kriterien auf der anderen Seite. Die Zubereitung von Speisen aus natürlichen Produkten muss wieder zur Normalität werden, nicht das Aufwärmen von Convenience-Produkten.

Ein weiterer wesentlicher Zugang zur CO2-Absenkung ist die Reduktion des Ressourcenverbrauchs, gerade im Bauwesen.

Johannes Rauch: Auch hier gilt: Ohne Bauwirtschaft und Handwerk wird das nicht zu schaffen sein. Mit was gebaut wird und wie gebaut wird, entscheidet sich nicht nur entlang von Verordnungen und Richtlinien (das auch!), sondern sehr stark auch am Bewusstsein dafür, dass das Einfachste und Billigste jedenfalls selten dem Prinzip der Nachhaltigkeit entspricht. Es gibt eine Reihe von Bauunternehmen und Handwerksbetrieben, die das bereits in ihre Unternehmensphilosophie integriert haben und gut damit fahren.

Welche Rolle soll das Energieinstitut in diesen Themenfeldern künftig spielen?

Johannes Rauch: Das werden wir im Rahmen eines Strategieprozesses diskutieren. Das Energieinstitut verfügt über fachliche Expertise und 35 Jahre Erfahrung mit den Themen, aber auch mit den Bürger*innen vor Ort in den Gemeinden. Hier wird es darauf ankommen, diese Expertise weiterhin sinnvoll einzusetzen, der steigenden Herausforderung Rechnung zu tragen und gleichzeitig immer mehr Menschen den Themenkomplex rund um Erderwärmung, Energieerzeugung und -verbrauch sowie CO2-Ausstoß und Klimakrise begreifbar zu machen. Als Obmann des Energieinstitut werde ich mich hier aktiv einbringen. Das Energieinstitut hat eine Schlüsselrolle in Vorarlberg. Diese gilt es weiterhin sinnvoll zu nutzen und wo nötig zu verstärken.

Helmut Mennel, Johannes Rauch, Josef Burtscher

Im Land wurde gerade die zweite Umsetzungsperiode zur Energieautonomie eingeläutet. Was wird sie bringen?

Johannes Rauch: Große Herausforderungen! Egal, ob es um die Erreichung der Einsparziele, den Ausbau der Photovoltaik und Wasserkraft oder die notwendige Umsetzung des Mobilitätskonzeptes geht. Im heurigen Jahr werden die Erkenntnisse aus der Evaluierung der ersten zehn Jahre Energieautonomie umgesetzt, danach soll die Beschlussfassung für die nächsten zehn Jahre im Landtag stattfinden – mein Wunsch wäre: wiederum einstimmig!

Auch auf Bundesebene wurden die Weichen im Klimaschutz neu gestellt. Wie wichtig sind Impulse auf Bundesebene für die Energiepolitik im Land? Wo brauchen wir den Bund für eine gute Energie- und Klimaschutzarbeit?

Johannes Rauch: Das Programm der Bundesregierung ist gerade im Bereich Klimaschutz und Energiepolitik äußerst ambitioniert. Insofern hoffe ich sehr, dass nun von dort auch die notwendigen Impulse kommen: Fortsetzung der Förderaktionen à la „Ölkesseltausch“, Erneuerbaren-Ausbaugesetz als Basis für die Erneuerbaren, frisches Geld für den öffentlichen Verkehr und schließlich jene öko-soziale Steuerreform, die es endlich schafft, den Faktor Arbeit zu entlasten und klimaschädliches Verhalten höher zu besteuern.

An welchen Schrauben hast du in letzter Zeit gedreht, um deine persönliche CO2-Bilanz zu reduzieren?

Johannes Rauch: Ich habe mich seit einiger Zeit entschieden, Dienstreisen nach Wien nur noch mit der Bahn zu absolvieren und nicht mehr zu fliegen, auch wenn das in Sachen Zeitmanagement einen gewissen Mehraufwand bedeutet. Im Alltag fahre ich so oft es geht mit Bus, Bahn und Fahrrad, das senkt den Blutdruck und den Stresspegel, beides ist hilfreich für ein gutes Leben!

Dieses Gespräch stammt aus der Frühjahrsausgabe 2020 unserer Instituts-Zeitschrift max50. Sie können max50 kostenlos abonnieren oder hier digital nachlesen.