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Energieregion Vorderwald: Erfolgsgeschichte zur Energieautonomie

3.400 kWp PV-Anlagen, 1.700 LED-Leuchtmittel, 300 Solaranlagen-Checks, 300 Kinder in Schulprojekten zur Energieautonomie, 40 eigene Projekte von Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen von „Gut – Genug“ und vieles mehr: Das achtjährige Bestehen der Energieregion Vorderwald ist eine Erfolgsgeschichte auf dem Weg zur Energieautonomie Vorarlberg.

Initiiert wurde sie 2009 vom Energieinstitut Vorarlberg, das die Energieregion Vorderwald – bestehend aus den Gemeinden Doren, Hittisau, Krumbach, Langenegg, Lingenau, Riefensberg, Sibratsgfäll und Sulzberg – bis heute begleitet. Die Intention war und ist bis dato die gleiche: Die Gemeinden möchten eine enkeltaugliche und zukunftsfähige Region für ein gutes Leben erhalten. Eine weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern ist ein wesentlicher Bestandteil dafür.

„Bisherige Highlight-Projekte waren die PV-Aktion mit über 65 realisierten PV-Anlagen, der Solaranlagen-Check mit über 300 überprüften Anlagen und das Bürgeraktivierungsprojekt „Gut – Genug“ mit 37 Multiplikatorprojekten durch die engagierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Region“, so Monika Forster vom Energieinstitut Vorarlberg.

Sie koordiniert seit der Gründung 2009 die Aktivitäten der Energieregion Vorderwald.

Schnelle Fakten zur Energieregion Vorderwald

  • 2009 von Gemeinden und Energieinstitut Vorarlberg gegründet
  • 8 Gemeinden (Doren*, Hittisau*, Krumbach*, Langenegg*, Lingenau, Riefensberg, Sibratsgfäll, Sulzberg*) mit insgesamt 10.000 Einwohnern
    (*e5-Gemeinde)
  • Über 300 PV-Anlagen mit einer Leistung von über 3.400 kWp sind installiert (pro Einwohner 2,5 mal so viel wie im Landesdurchschnitt).
  • Über 80% der Raumwärme werden über erneuerbare Energieträger abgedeckt (45% sind es im Landesdurchschnitt).
  • Knapp 800.000 Euro wurden bisher in die Aktivitäten der Energieregion Vorderwald investiert, 540.000 davon sind Fördermittel des Klima- und Energiefonds.
  • Mehr Infos und Details zu allen folgenden Projekten: energieregion-vorderwald.at

Die Gründungsbürgermeister bei der Auftaktveranstaltung zur Energieregion Vorderwald im September 2010.

Sichtbare Zusammenarbeit: gemeinsame Aktionen und vielfältige Förderschwerpunkte

Als eines der ersten Projekte in der Energieregion harmonisierten die Gemeinden ihre Energieförderungen, die bis 2010 sehr unterschiedlich waren. Ziel der Region war es, in allen Gemeinden einen einheitlichen Grundstock an Förderungen anzubieten. Die Förderungen sollten dabei jährlich wechseln, einen innovativen Impuls zum Klimaschutz setzen und zeitlich begrenzt verfügbar sein.

2011 wurden erstmals gemeinsame Förderungen angeboten: 1.700 Leuchtmittel wurden in der Region durch energieeffiziente ausgetauscht und von den Gemeinden gefördert. Ein großer Erfolg war der Solaranlagen-Check, der 2014 und aufgrund der großen Nachfrage auch 2016/17 angeboten wurde. Es wurden über 300 thermische Solaranlagen überprüft. Wird das Potential aller überprüften Anlagen optimal genutzt, dann können jährlich rund 300.000 kWh mehr aus den bestehenden Anlagen generiert werden. Das entspricht einer Menge von rund 30.000 Liter Heizöl.

Solarexperte Gerhard Ritter überprüfte die Anlagen: „Oft sind nur Kleinigkeiten zu reparieren damit die Anlagen den maximalen Ertrag bringen. Ein regelmäßiger Service hilft, bestehende Anlagen optimal zu betreiben.“

Die Photovoltaik-Aktion (PV Aktion) 2013 führte zu über 65 neuen PV Anlagen in der Region: es wurde ein 5 kWp Rundum-Sorglos-Paket durch regionale Handwerker angeboten. Die Einhaltung von Qualitätskriterien und der Fixpreis erleichterten den Eigenheimbesitzern die Entscheidung für die Stromquelle vom eigenen Dach. Insgesamt gibt es in der Region derzeit über 300 PV Anlagen mit einer Leistung von rund 3.400 kWp.

Weitere Förderakzente waren z.B. Schnuppertickets und Jahreskarten für den öffentlichen Verkehr, Fahrradanhänger, Erstzertifizierung zum Ökoprofit Betrieb und zum Umweltzeichen Tourismus, Umstieg auf Ökostrom und Beteiligung am KlimaCent, Ideenwettbewerb, Fotomarathon und Heizungs-Check.

Höchste Standards bei der Sanierung und Errichtung von Gemeindegebäuden

Neubau und Sanierung öffentlicher Gebäude erfolgt mit höchsten Energiestandards. Laufende Energieverbräuche werden im Energiebericht online (EBO) erfasst und vorarlbergweit durch einen Vergleich mit ähnlichen Gebäuden hinterfragt und optimiert.

Der Langenegger Kindergarten ist ein Leuchtturm des nachhaltigen kommunalen Bauens in Vorarlberg. Bildnachweis: Energieinstitut Vorarlberg/Markus Gmeiner

„Schon seit 2004 mit dem Bau des Kindergartens und des Dorfcafés in Passivhausqualität werden alle Neubauten der Gemeinde in höchster energetischer Qualität umgesetzt – eine Entscheidung die jedes Jahr viele Kilowattstunden einspart und uns der Energieautonomie näher bringt“, so Bauamtsleiter und Energiepionier Mario Nußbaumer aus Langenegg.

Mehr PV-Anlagen auf Gemeindegebäuden und mehr Elektromobilität

Alle acht Gemeinden haben nach und nach PV Anlagen auf kommunalen Gebäuden zur Ökostromerzeugung installiert. Waren es 2010 noch drei kommunale PV Anlagen mit knapp 20.000 kWh Jahresertrag so konnten 2016 schon 19 Anlagen mit einem Jahresertrag von 450.000 kWh gezählt werden – Tendenz weiter steigend. Die enorme Zunahme ist u.a. auch auf die finanzielle Unterstützung durch das Modellregionen-Programm des Klimafonds der Bundesregierung zurückzuführen: Die Gemeinden erhalten von 2011 bis 2018 für die Errichtung von PV Anlagen rund 90.000 Euro Förderung vom Klima- und Energiefonds.

„Kostenlose Sonnenenergie möchten wir auf möglichst allen geeigneten Dächern kommunaler Gebäude nutzen“, verdeutlicht der Hittisauer Amtsleiter Georg Bals.

Der Sulzberger Bürgermeister Helmut Blank und sein Gemeindesekretär Erwin Steurer sind stolz auf die gemeindeeigenen PV-Anlagen. Bild: Energieinstitut Vorarlberg/Markus Gmeiner

In allen Gemeinden gibt es Ladesäulen für Elektroautos. In sieben Gemeinden ist man in Verwaltung und Politik elektrisch mobil. Die Gemeinde Sulzberg führt mit 19 Elektroautos auf 1.960 Einwohner wohl sogar die österreichische Statistik an. Dort ist auch die Pfarre elektrisch mobil und bietet zwei Elektroautos im Carsharing an.

„Wir haben nur diese eine Erde und sollten verantwortungsvoll mit ihr umgehen um nachfolgenden Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen“, begründet der Sulzberger Pfarrer Peter Loretz das kirchliche Engagement.

Mobilität im ländlichen Raum bleibt dennoch weiterhin eine der größten Herausforderung auf dem Weg zur Energieautonomie. Die Gemeinden legen daher großen Wert auf ein gutes Angebot durch öffentliche Busse: wochentags gibt es in allen Gemeinden mindestens einen Stundentakt.

In mehreren Gemeinden stehen die Elektroautos der Gemeinden auch als Carsharingautos der Bevölkerung zur Verfügung. Dazu gibt es weitere Carsharingautos und -gruppen. Die Förderung des Fahrradfahrens und zu Fußgehens ist vor allem innerörtlich und für kurze Wege zwischen den Orten eine Alternative zum Auto.

Daher wird 2018 von den Gemeinden die Anschaffung von Job-Rädern für MitarbeiterInnen in Betrieben im Vorderwald mit 100 Euro je Fahrrad gefördert.

Wo die Busanbindung einmal nicht passt, hilft ein E-Carsharing-Pool. Hier in der Gemeinde Sulzberg. Bild: Energieinstitut Vorarlberg/Markus Gmeiner

Großes Potential in der Energieeinsparung

Neben der Energieproduktion aus erneuerbaren Quellen ist die Einsparung von Energie die zweite wesentliche Säule der Energieautonomie. Im Rahmen der Vorderwald Energiemeisterschaft setzten sich 8 Teams mit insgesamt 52 Teilnehmern ehrgeizige Ziele zur Stromeinsparung zwischen 2,5 und 12 %. Verschiedenste Maßnahmen – vom Leuchtmitteltausch bis zur Bewusstseinsbildung und Information aller Haushaltsmitglieder – führten zu hervorragenden Ergebnissen:

Im Durchschnitt haben die Teilnehmer fast 14 % Strom im Vergleich zu den Vorjahren eingespart, das sind rund 190 Euro für jeden Teilnehmer, die in einem Jahr an Stromkosten eingespart wurden. Alle Teilnehmer haben miteinander während der Energiemeisterschaft 61 MWh Strom gespart. Das Projekt zeigt, dass nicht unbedingt große Investitionen nötig sind um der Energieautonomie ein paar Schritte näher zu kommen.

Spannende Angebote auch für die Jüngsten im Vorderwald

im Rahmen des Programms „Klimaschulen“ machen sich heuer 150 Schülerinnen und Schüler der Schulen Langenegg, Krumbach und Riefensberg gemeinsam auf den Weg in eine klimafreundliche Zukunft: Eingeläutet wird das Jahr mit einer Baumpflanzaktion der Schule Langenegg.

Beim Energieerlebnisprogramm „energiewerkstatt.schule“, das von Energieinstitut Vorarlberg, illwerke vkw und Land getragen wird, machen sie sich auf die Suche nach versteckten Energiefressern in der Schule und zu Hause und werden zu Energiedetektiven. Beim Sammeln von Klimameilen wird das Elterntaxi gegen einen erlebnisreichen Schulweg zu Fuß oder per Bus eingetauscht. In den Schulgärten bauen die Kinder ihr eigenes Obst und Gemüse an und lernen wie saisonale Lebensmittel weiterverarbeitet werden. Außerdem erstellen sie eine Broschüre zu den „Kostbarkeiten“ in der Gemeinde Riefensberg – denn was nicht im eigenen Garten wächst, kann meist auf kurzem Weg in der Region gekauft werden und so Gesundheit und Klima Gutes tun.

Marianne Dorn, Direktorin der Volksschule Riefensberg: „Die Kinder lassen sich für das Thema Klimaschutz begeistern und tragen das Thema als Energiedetektive und Schoolwalker in die Haushalte hinein.“

Die Volksschulen Doren und Thal sowie die Talenteschule Doren beteiligten sich bereits im vergangenen Schuljahr am Klimaschulen-Programm. Bei der Abschlussveranstaltung im Juni 2017 präsentierten die rund 150 Schülerinnen und Schüler eine Vielfalt umgesetzter Projekte: Klima-Musical, Müllinstrumente, Klimaschützer-Song, Ausstellung „Appetit auf Klimaschutz!“, Bilder, Skulpturen und Experimente zum Erforschen und Ausprobieren und schließlich ein klimafreundliches Buffet mit Köstlichkeiten aus dem Schulgarten.

Auch die Ernährung hat einen Einfluss auf Energie und Klima. Lösungen zeigen die Kinder der VS Doren. Bild: Energieinstitut Vorarlberg/Markus Gmeiner

„Das Programm Klimaschulen ermöglichte spannende Projekte und Exkursionen. Ein wichtiger Impuls, der zu einer langfristigen Auseinandersetzung mit den Themen Energie und Klimaschutz an unserer Schule geführt hat“, begründet der Dorener Volksschuldirektor Andreas Sutterlüty die Teilnahme seiner Schule.

Pilotprojekte mit Strahlkraft

Einige Maßnahmen, die in der Energieregion erstmalig pilothaft umgesetzt wurden, strahlen mittlerweile auf andere Gemeinden und Regionen aus: z.B. wurden in Vorarlberg mittlerweile schon über 1.000 Solaranlagen-Checks umgesetzt, die PV Aktion fand in zahlreichen Gemeinden und Regionen statt.

Das Projekt „Gut – Genug: Einkaufen und essen, was uns und dem Klima gut tut“ wurde als Pilotprojekt 2014 vom Klima- und Energiefonds gefördert. Die Ergebnisse waren mit 22 Projekten, die die 34 Teilnehmerinnen in ihren Gemeinden für einen klimaverträglichen Alltag umgesetzt haben, beeindruckend.

„Gut – Genug“ wurde 2015 für den österreichischen Klimaschutzpreis nominiert. Derzeit läuft der dritte „Gut – Genug“ Zyklus mit der Zielgruppe „junge Menschen“, die sich in vier Bildungsveranstaltungen mit Energie- und Klimaschutzthemen auseinandersetzen und im Anschluss eigene Projekte dazu umsetzen. Im Jahr 2016 setzten sich 17 TeilnehmerInnen mit (Elektro-)Mobilität auseinander und realisierten nach der Ausbildung 15 Projekte zu zukunftsfähiger Mobilität.

Die Vorderwälder Brennholzbörse – ein Kooperationsprojekt der Energieregion mit dem Landesforstdienst – bringt seit 2013 Waldeigentümer und Brennholzsuchende zusammen. Zum Vorteil von beiden, zusätzlich profitieren Wald und Klima. Mittlerweile haben auch weitere Regionen in Vorarlberg die Idee der Brennholzbörse übernommen.

Die Brennholzbörse bringt Waldeigentümer und Brennholzsuchende zusammen. In der Energieregion Vorderwald gestartet, hat sie Nachahmung in anderen Regionen des Landes gefunden. Bild: Energieregion Vorderwald/Mario Nußbaumer

Neues Pilotprojekt „Klimaverträglich leben im ländlichen Raum“

Für die Jahre 2018/19 wurde ein weiteres Pilotprojekt durch die Energieregion Vorderwald eingereicht und vom Klima- und Energiefonds genehmigt. Das Land Vorarlberg und die Gemeinden unterstützen das Projekt ebenfalls.

„Wir probieren im Vorderwald in der Praxis aus, was Wissenschaftler und internationale Konferenzen fordern“ – so bringt Guido Flatz, Bürgermeister der Gemeinde Doren, das kürzlich genehmigte Projekt der Energieregion Vorderwald „Klimaverträglich leben im ländlichen Raum“ auf den Punkt.

Um die Ziele des Pariser Übereinkommens zum Klimaschutz zu erreichen, ist langfristig eine Senkung der CO2-Emissionen um rund 75 Prozent nötig. Demgemäß gilt das Leben als „klimaverträglich“, wenn es mit einem CO2-Ausstoß von maximal zwei Tonnen pro Jahr auskommt.Im Rahmen des Pilotprojekts wird vier Wochen lang Aktionsforschung in bis zu 20 Haushalten betrieben. Die teilnehmenden Haushalte werden einer Gesamtbetrachtung ihres CO2 Ausstoßes unterzogen. Anhand einer in Vorarlberg entwickelten Methodik wird täglich bilanziert („Ein guter Tag hat 100 Punkte“). Dabei werden die Haushalte mit individuellen Beratungen und Tipps von Energie- und Mobilitätsexperten begleitet. Erfolge werden belohnt.

„Aus diesen Praxistests erwarten wir uns alltagstaugliche Empfehlungen für eine zukunftsfähige Entwicklung des ländlichen Raums im Einklang mit den Klimaschutzzielen“, erläutert Energielandesrat Erich Schwärzler, der selbst in der Energieregion Vorderwald zuhause ist.

Der Gemeinschaftsgarten in Hittisau ist aus einer privaten Initiative im Rahmen des Projekts „Gut – Genug“ entstanden.

Finanzierung der Energieregion Vorderwald

Pro Jahr finanzieren die acht Gemeinden miteinander rund 29.000 Euro für die Energieregion Vorderwald – das sind rund 3 Euro pro Einwohner. Bis jetzt wurde jeder von den Gemeinden eingesetzte Euro durch Fördermittel des Bundes mehr als verdreifacht. In der Gesamtbilanz heißt das: von 2010 bis 2018 investieren die acht Gemeinden in die Energieregion Vorderwald rund 230.000 Euro, vom Klima- und Energiefonds kommen in diesem Zeitraum rund 540.000 Euro. Der Hauptanteil der Förderung betrifft den Bestand der Klima- und Energiemodellregion mit den Maßnahmenumsetzungen (rund 300.000,- Euro), die weiteren Fördergelder flossen für Pilotprojekte, für Investitionsförderungen von PV-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden und für Klimaschulen.

Langfristiges und engagiertes Handeln zeigt Wirkung

Die Energieregion Vorderwald zeigt, wie sich langfristiges und engagiertes Handeln positiv für eine nachhaltige Zukunft der Region auswirkt. Vorausschauende Politik hat dabei Tradition in der Region: hier sind – auch im europäischen Vergleich - höchst erfolgreiche e5 Gemeinden beheimatet, schon Jahre vor der Gründung der Energieregion wurde im Umweltnetzwerk regional zusammengearbeitet. Ein Ende der Aktivitäten ist nicht absehbar: achtsame und nachhaltige Entscheidungen der Politik für eine enkeltaugliche Zukunft der Region sind essentiell – gerade in Zeiten des Wandels und der Globalisierung.