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Definition der Anforderung Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser

Die Anforderungen an „Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser“ wurden aus dem Globalbudget und dem verbleibenden Treibhausgasbudget des Sektors der privaten Haushalte abgeleitet und wird im vorliegenden Buch synonym mit der Bezeichnung „nearly Zero Energy Buildings“ (nZEB) verwendet. Die Auslegung ist damit ambitionierter, als in den Definitionen des Standards in Deutschland und Österreich und lehnt sich damit eher an das ursprünglich von der EU vorgeschlagene Verständnis von nZEB an.

Die Anforderungen werden nachfolgend zunächst verbal beschrieben und anhand des Verbrauchs in Summe aller Energieanwendungen sowie des Gesamt-PV-Ertrags quantifiziert. Die Anforderungen an den Verbrauch werden nach Energieträger für Strom (Wärmepumpe) bzw. Nah-/Fernwärme differenziert.

Für wärmepumpenversorgte Gebäude ist ein Alternativnachweis über den Strombezug aus dem Netz (d.h. nach Abzug des eigengenutzten PV-Stroms) möglich. In diesem Nachweis werden auch die aus dem Netzbezug ermittelten Treibhausgasemissionen als Anforderungswert verwendet. Im Anschluss wird dargestellt, welche Orientierungswerte Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser in Verbrauchsprognoseberechnungen aufweisen sollten, um die angestrebten Verbräuche und PV-Erträge in der Praxis zu erreichen.

Verbale Beschreibung der Anforderungen

„Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser“ sind Gebäude,

  1. deren Treibhausgasemissionen in Summe aller Energieanwendungen im Betrieb kompatibel
    zum Ziel des Paris-Abkommens sind.
  2. deren Energieversorgung weitestgehend ohne fossile Energieträger erfolgt.
  3. die über eine sehr gute Hüllqualität und eine effiziente Wärmeversorgung verfügen, um so
    den winterlichen Energiebedarf zu begrenzen.
  4. die einen sehr geringen Verbrauch für Haushalts- und Allgemeinstrom (Lift, Beleuchtung
    Allgemeinbereiche, Keller und Tiefgaragen…) aufweisen.
  5. die ihre Potenziale zur erneuerbaren Energieerzeugung vor Ort zu großen Teilen ausnutzen.
  6. die durch einen niedrigen winterlichen Verbrauch, Speichermöglichkeiten im Gebäude sowie
    intelligente Regelung netzdienlich sind.

Bei der Konzeption Paris-kompatibler Mehrfamilienhäuser werden auch die Anforderungen der Elektromobilität bezüglich Ladeinfrastruktur, maximaler elektrischer Anschlussleistung und PV berücksichtigt.Darüber hinaus gewährleisten Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser auch unter zukünftigen klimatischen Verhältnissen ganzjährig eine hohe thermische Behaglichkeit mit minimalem Energieaufwand und verursachen geringe Treibhausgasemissionen für die Herstellung. Wirtschaftliche und Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser oder „Low-Cost nZEB“ erreichen die dargestellten Qualitäten zu geringen investiven Mehrkosten im Vergleich zu architektonisch identischen Gebäuden gemäß baurechtlichen Mindestanforderungen und sind im Lebenszyklus wirtschaftlich.

Quantifizierung der Anforderungen über den realen Verbrauch und
die reale PV-Erzeugung

Mehrfamilienhäuser können als Paris-kompatibel bezeichnet werden, wenn sie im Betrieb die nachfolgend genannten Anforderungen erfüllen:

Anforderungen bei Wärmeversorgung durch Wärmepumpen:

Endenergieverbrauchgesamt max. 45 kWh/(m²WNF a)
Erzeugung (PV am Gebäude) min. 60 kWh/(m²ÜFL a)

Alternativnachweis bei Wärmeversorgung durch Wärmepumpen:

Netzbezug Stromgesamt max. 35 kWh/(m²WNF a)
Treibhausgasemissionen Netzbezug Stromgesamt (Österreich) max. 10 kg/(m²WNF a)
Treibhausgasemissionen Netzbezug Stromgesamt (Deutschland) max. 16 kg/(m²WNF a)

Die genannten Treibhausgasemissionen aufgrund des Netzbezuges Stromgesamt sind auf Grundlage der gemessenen Monatswerte des Netzbezugs zu ermitteln. Der Nachweis der spezifischen Emissionen erfolgt auf Basis monatlicher THG-Emissionsfaktoren für den aktuellen Verbraucherstrommix Österreichs und Deutschlands, siehe Kapitel 1.8.

Durch die monatliche Bilanzierung werden die jahreszeitlich schwankenden Treibhausgasemissionen des Verbraucherstrommix mit höheren spezifischen Emissionen im Winter berücksichtigt. Die Bilanzierung auf Basis von Monatswerten des Verbrauchs unter Anwendung monatlicher THG-Emissionsfaktoren unterscheidet dieses Bewertungsverfahren von Verfahren, in denen Stromverbrauch und Stromerzeugung auf Basis von Jahreswerten bilanziert werden.

Aufgrund der deutlich höheren spezifischen Emissionen des Verbraucherstrommix ergeben sich für wärmepumpenbeheizte Gebäude in Deutschland bei gleichem Energieverbrauch höhere Emissionen. Steigen die Anteile erneuerbarer Energieträger am Verbraucherstrommix, so sinken die spezifische Emissionen. Bei Umsetzung der nationalen Ausbauziele werden sich die spezifischen Emissionen wärmepumpenbeheizter Gebäude in beiden Ländern angleichen.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Publikation Low Cost nZEB, Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser. Sie möchten mehr erfahren? Hier gehts zur ungekürzten Langfassung.