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Vom Global-Budget zum Treibhausgasbudget für Wohngebäude

Die letzten 15 Jahre waren verlorene Jahre für den Klimaschutz im Sektor der privaten Haushalte. Dadurch hat sich die Ausgangslage für die nun verspätet einsetzende Transformation des Wohngebäudeparks dramatisch verändert. Der Gebäudebereich hat sich von einem vergleichsweise einfachen Handlungsfeld zu einem besonders kritischen gewandelt.

Bestimmung des CO2-Budgets für den deutschen
Wohngebäudepark

Grundlage bildet der 6. Sachstandsbericht des IPCC (IPCC 2021), in dem über die Auswertung einer Vielzahl von Szenarien und deren Untersuchung in Klimamodellen CO2-Global-Budgets für verschiedene Klimaschutzziele in Verbindung mit bestimmten Eintrittswahrscheinlichkeiten angegeben sind:

Tabelle 1: CO2-Global-Budgets ab 2020 für verschiedene Klimaschutzziele und Eintrittswahrscheinlichkeiten. Zuordnung der Pro-Kopf-CO2 Budgets für Deutschland durch Zuweisung des 1,07 %-Anteils an der Weltbevölkerung. Für die Wohnnutzung wurde ein gleichbleibender Anteil von einem Viertel angenommen. Quellen: (IPCC 2021, SfP) und eigene Berechnungen. Nähere Angaben finden sich in (Vallentin 2021).
  1. Aus diesen Angaben kann in mehreren Schritten das anteilige Pro-Kopf-CO2-Budget für das Handlungsfeld Wohnen bestimmt werden. Das nationale CO2-Budget wird anhand des Anteils Deutschlands an der Weltbevölkerung (1,07 %) festgelegt.
  2. Um das Pro-Kopf-THG-Budget zu ermitteln, wird dieser Wert auf alle Bürger (83,24 Mio.) verteilt.
  3. Das Handlungsfeld Wohnen mit den Energieanwendungen Heizen, Kühlen, Lüften, Warmwasser und sämtlichen Stromanwendungen verursachte in der Vergangenheit ca. ein Viertel der deutschen Treibhausgasemissionen (siehe Kapitel 1.1). Dies entspricht den Treibhausgasemissionen des Sektors der privaten Haushalte bei einer verursachergerechten Bilanzierung der Emissionen, d.h. der direkten Emissionen am Gebäude durch Verbrennen fossiler Energieträger und der durch die Nutzung in privaten Haushalten verursachten Emissionen der Strom- und Fernwärmeerzeugung. Zur Abschätzung des zukünftigen Treibhausgasbudgets für den deutschen Wohngebäudepark wird ein gleichbleibender Anteil an den Gesamtemissionen aller Sektoren unterstellt.
  4. Die vier Pfade A – D wurden vom Autor so gebildet, dass abhängig von der jeweiligen Zielsetzung das CO2-Budget eingehalten ist und die Minderungspfade jeweils eine Anlauf- und Auslaufphase aufweisen. Das 1,5-Grad-Ziel ist nur mit Hilfe zusätzlicher CO2-Senken erreichbar (siehe Abbildung 1).
  5. Die vier Pfade repräsentieren das Spektrum zwischen grenzwertigen (2-Grad, 50 % Eintrittswahrscheinlichkeit) und einem vollwertigen Klimaschutz (1,75 bzw. 1,5 Grad mit jeweils 67 % Eintrittswahrscheinlichkeit).

Bestimmung des CO2-Budgets für den österreichischen
Wohngebäudepark

Grundlage bildet auch hier der 6. Sachstandsbericht des IPCC (IPCC 2021). Analog zum Verfahren für Deutschland werden die globalen CO2-Budgets gemäß des Anteils Österreichs an der Weltbevölkerung bestimmt und danach über einen pauschalen Faktor der Anteil für die Wohnnutzungen festgelegt.

Tabelle 3: CO2-Global-Budgets ab 2020 für verschiedene Klimaschutzziele und Eintrittswahrscheinlichkeiten. Zuordnung der Pro-Kopf-CO2-Budgets für Österreich durch Zuweisung des 0,00115 %-Anteils an der Weltbevölkerung. Für die Wohnnutzung wird ein in etwa gleichbleibender Anteil von einem Fünftel angesetzt (aktueller Wert AT: 17 %, siehe Kapitel 1.1). Quellen: (IPCC 2021, SfP S. 41) und eigene Berechnungen. Nähere Angaben finden sich in (Vallentin 2021).

Während das aus dem Globalbudget ermittelte Pro-Kopf-Budget Österreichs in Summe aller Verbrauchssektoren gleich hoch ist wie in Deutschland, ergibt sich für die Pro-Kopf-Emissionen der Wohnnutzungen ein etwas geringerer Wert. Grund ist der im Vergleich zu Deutschland etwas geringere Anteil der Wohnnutzungen an den Gesamtemissionen. Zur Abschätzung der Pro-Kopf Emissionen der Wohnnutzungen wurde für Österreich ein pauschaler Wert von 20 % (anstelle des Wertes von 25 % für Deutschland) verwendet. Als aktueller Wert konnte ein Anteil von 17 % bestimmt werden (siehe Kapitel 1.1)

Die Gründe für den im Vergleich zu Deutschland geringeren Anteil können nur teilweise nachvollzogen werden. Ein Grund dürfte in der Stromversorgung liegen, die in Österreich deutlich emissionsärmer als in Deutschland erfolgt, ein weiterer Grund ist der höhere Anteil erneuerbarer Heizsysteme. Die derzeitigen Pro-Kopf-Emissionen für Wohnnutzungen betragen daher in Österreich derzeit 1,5 t/P*a, während sie in Deutschland bei 2,5 t/P*a liegen.

In Bezug auf das CO2-Budget für Gebäude ergibt sich dadurch einerseits eine größere Robustheit für die kritische Anfangsphase. Jedoch sind damit andererseits im Vergleich zur Situation in Deutschland bereits gewisse Potenziale für die Emissionsminderung ausgeschöpft: Da die spezifischen Emissionen des Verbraucherstroms schon deutlich besser sind als in Deutschland, ist das Potenzial zur Reduktion der Emissionen durch weitere Verbesserungen der spezifischen Emissionen des Verbraucherstroms geringer. Umso bedeutender wird die Rolle der Verbrauchsminderung, d.h. der Effizienz von Gebäudehülle und technischen Systemen.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Publikation Low Cost nZEB, Paris-kompatible Mehrfamilienhäuser. Sie möchten mehr erfahren? Hier gehts zur ungekürzten Langfassung.