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Vom Urknall in die Energiezukunft

Ein kurzer Rückblick auf eine vielfältige Exkursion in die Schweiz anlässlich des 30. Geburtstages des Energieinstitut Vorarlberg.

Ein Geburtstag regt immer an, zurück- und vorauszuschauen. Das Zurückliegende wurde erlebt, das vor uns Liegende kann noch gestaltet werden. Die 40 ExkursionsteilnehmerInnen aus Politik, Forschung, Energieversorger, Gemeinden, aus Ingenieurbüros, Beratungsorganisationen, Verwaltung und Produktionsbetrieben konnten an vier besuchten Orten exemplarisch erleben, wie und in welcher Form an der Energiezukunft gearbeitet und geforscht wird. Die Verschmelzung aus selbst Erfahrenem und neuem Gesehenem stärkt das Weiterarbeiten an den eigenen Aufgaben. Dass sich die TeilnehmerInnen während der zweieinhalbtägigen Fahrt gegenseitig intensiv ausgetauscht hatten, versteht sich von selbst.

Im CERN

Der „Urknall“ war – reisetechnisch - nicht der Anfang sondern der Schlusspunkt der Exkursion. Das CERN, das als einen der drei Forschungsschwerpunkt die Suche nach der Entstehung der Welt hat („Big Bang-Theorie“), begeisterte die Teilnehmerinnen alleine durch die dort gesehene Dimension der Experimente. Die Größenordnung ließ sich anhand der Modelle und Einzelexemplaren von Versuchsanordnungen „begreifen“. Die Schilderung, dass 1010 Teilchen, das sind nicht einmal ein halbes Mol, konzentriert in einen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Strahl mit einem tausendstel Millimeter Durchmesser so viel Energie inne hat, dass damit ein Kubikmeter Kupfer zum Schmelzen gebracht werden kann, verstanden sogar physikalische Laien. Es braucht einen 10 m Graphitblock, um den beschleunigten Teilchenstrahl, der 11.000 Mal pro Sekunde die 27 km lange unterirdisch liegende Kreisstrecke zurücklegt, abzubremsen, wenn er aus dem Torus „in die Sackgasse gefahren wird“.

Jeff Wiener, einer der Führer durch das vierstündige Vormittagsprogramm gab auch Einblicke in die Entstehung des CERN. Dabei ist eine Idee hervorstechend: alle Dokumente, alle Forschungsergebnisse, die am CERN erstellt bzw. gewonnen werden, sind allen zugänglich. Früher waren das tausende Tonnen Papier, die übersetzt und verteilt werden mussten, heute geht das selbstverständlich über das Internet, das im CERN als Nebenprojekt erfunden wurde, um die riesigen Datenmengen an Messergebnissen zu verteilen.

In BERN

Einen völlig anderes Ziel hatte der Besuch im Kanton Bern. Dieser Kanton gilt als einer der fortschrittlichsten, was die Umsetzung von Energie-Effizienzmaßnahmen auf Verwaltungsebene betrifft. Im sogenannten „Käfigturm“, mitten in der Altstadt von Bern, wurden die Teilnehmer vom Amtsleiter für Umweltkoordination und Energie , Herrn Ulrich Nyffenegger und seiner Stellvertreterin Frau Karin Scheidegger begrüßt. Ulrich Nyffenegger fesselte in einem spannenden Vortrag vor allem die VertreterInnen aus Politik und Verwaltung und erklärte die Berner Energiestrategie, ihre Erfolge und verwies auch auf Hemmnisse und Schwierigkeiten. Wie in sonst keinem Kanton gibt es in Bern eine aktive, langfristig angelegte Förder- und Absenkstrategie. Die Fragen der TeilnehmerInnen betrafen oft Details, unter anderem jene, ob denn der Kanton immer noch die Energiekostenaufschläge für Umweltauswirkungen in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit berücksichtige. Das sei, so Nyffenegger bereits seit vielen Jahren beschlossen Sache. Kleinigkeiten mit großer Wirkung und Konsequenz in der Haltung, kann man hier nur sagen.

BERN

Wir verließen nach zweieinhalb Stunden den Vortragsraum mit dem Wissen, dass in Bern brauchbare Ideen für Umsetzungsstrategien und Handlungsfelder auf Verwaltungsebene zu finden sind, wenn, ja wenn Politik und Amt(sleiterIn) bestens aufeinander abgestimmt sind und konkrete Ziele vorgegeben werden. Es geht, so Nyffenegger nur, wenn das System einfach gehalten wird und alle Betroffenen mit im Boot sitzen.

Im Paul Scherer Institut (PSI) in Villigen

Aus dem Überblick, wie in der Schweiz die Energieforschung koordiniert wird und welche Schwerpunkte welche Forschungsinstitution übernimmt, gewannen die TeilnehmerInnen den Eindruck, dass in der Schweiz System und Strategie bei diesem Segment der Forschung dahintersteckt. Diesen Überblick von Jörg Roth und einige grundsätzliche Prinzipien der Energiespeicherung standen am Anfang der Besichtigung des PSI. Anschließend wurden wir zum „Solarofen“ und zu den Labors für die Umformung von Biomasse in Treibstoff geführt. Leider war die Zeit zu kurz, den schön gestalteten Besucherschauraum zu genießen und die darin aufgebauten Versuchsexponate auszuprobieren.

Die Brennstoffzelle für den Hausgebrauch

In Winterthur bei der Fa. Hexis forschen ca. 40 Personen an der Brennstoffzellen und bauen stationäre Brennstoffzellen-Units, die mit Erdgas betrieben werden. Diese klein(st)e Kraft-Wärmekoppelung für den Hausgebrauch liefert rund 1 kW elektrische Leistung bei etwa gleich großer Abgabe von Wärme. Wird mehr Wärme benötigt, geht ein konventioneller Brenner in Betrieb. Wir konnten die Produktionslinie der Zellenelemente besichtigen und die Prüfstände der fertigen Units. Über die materialtechnische Herausforderung informierte Volker Nerlich. Die Brennstoffzelle als kompaktes Kraftwärmekopplungsgerät kann nun am Markt gekauft werden. Diese hier gebaute Zelle funktioniert mit Erdgas und nicht mit erneuerbaren Energieträger. Sie soll a la long zentrale gasbefeuerte Kraftwerke oder stillgelegte Atomkraftwerke, bei denen die Abwärme nicht genutzt wird, dezentral ersetzten, denn dort ist die Abwärme leichter nutzbar als bei einem in der grünen Wiese stehenden Atommeiler.

CERN, Exkursion, 30 Jahre EIV

Beim Brennstoffzellengerät kommt zwar über die Anschlüsse nicht mehr Energie heraus als bei einem hocheffizienten Gaskessel, aber die Wertigkeit der gewonnenen Energie ist völlig anders. Kann ein Gaskessel aus zwei Kilowattstunden „nur“ zwei Kilowattstunden niederwertige Wärmenergie „erzeugen“, so kann ein Brennstoffzellengerät aus diesen zwei (chemisch gebundenen) Kilowattstunden Energie fünf Kilowattstunden Wärme bereitstellen, wenn die elektrische Energie eine effiziente Wärmepumpe antreibt. Dass dieses System sowohl kostenmäßig als auch wartungstechnisch aufwändiger ist als ein ganz normaler Gaskessel ist selbstredend, obwohl die Brennstoffzelle an sich keine drehenden Teile hat. Die TeilnehmerInnen der Exkursion haben bei dieser Station ein Gespür bekommen, welche materialtechnische Herausforderung hinter diesem einfachen Prinzip steckt und wie so ein Gerät für den Hausgebrauch aussieht.

Résumé

Das gute Feedback hat gezeigt, dass solche gemeinsame Erlebnisse, eingerahmt von gutem bilateralen Gedankenaustausch quer durch verschiedene Disziplinen wichtig für die Vernetzung von Akteuren ist.