Lüftungskonzept für Österreich

Ist eine Fensterlüftung zumutbar? Wie hoch ist das Schimmelrisiko?

Gute Luftqualität und Schimmelfreiheit sind wesentliche Voraussetzungen für Gesundheit und Wohlbefinden. Die beiden Berechnungstools klären dabei eine Grundsatzfrage, die im Zuge von Lüftungskonzepten bei Neu- und Umbauten, aber auch anderen Fragestellungen auftritt. Diese Grundsatzfrage lautet, ob sich mit einer reinen Fensterlüftung mit zumutbaren Lüftungsaktivitäten durch die Nutzer:innen eine in den bautechnischen Regelungen der Länder geforderte, ausreichend gute Luftqualität und Schimmelfreiheit erreichen lässt. Durch Anklicken der Buttons „Berechnungstool Luftqualität“ oder „Berechnungstool Schimmelrisiko“ findet man die Möglichkeit zur Eingabe konkreter Daten sowie umfangreiche Infos in den Erläuterungen.

Mit Hilfe der Berechnungstools können gegebene Räume bzw. Wohnsituationen im Hinblick auf den hygienischen Luftwechsel und notwendige Feuchteabfuhr bewertet werden. Bekannte Gebäudeparameter wie die Raumgröße, die Belegung oder der Standort werden individuell eingegeben oder – sollte dies nicht möglich sein – bei der Monte Carlo Simulation für jeden der berechneten 1.000 Fälle der Wert jedes nicht fixierten Parameters entsprechend einer hinterlegten Verteilungsfunktion zufällig gewählt.

Die Richtwerte für die Luftqualität und den hygienischen Luftwechsel richten sich nach den Vorgaben der Richtlinie für eine gesunde Raumluft, CO2 als Lüftungsparameter des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). CO2 ist ein guter Indikator für die Luftqualität und wird in ppm angegeben (part per million – Teile pro Million Teilen). Der hygienisch begründete Richtwert von 1.000 ppm CO2 (0,1 Vol%) gilt für Räume, in denen geistige Leistung erbracht wird (bspw. Schulklassen, Büros) oder die zur Regeneration dienen (Schlafräume). Für andere Räume (z.B. Wohnzimmer) gelten 1.400 ppm CO2. Die Werte sind absolut zu betrachten und als arithmetische Mittelwerte über den jeweiligen Beurteilungszeitraum zu verstehen.

Als zumutbare Lüftungsintervalle (Zeit zwischen zwei Lüftungsvorgängen) sind folgende Zeiträume für einzelne Raumkategorien hinterlegt:

  • Schlafräume: 8 Stunden bzw. 480 Minuten
  • Wohnräume, Büros: 2 Stunden bzw. 120 Minuten
  • Besprechungsräume: 60 Minuten
  • Klassenzimmer, Kindergarten-Gruppenräume: 50 Minuten

Das Schimmelrisiko wird nur für Wohngebäude berechnet, da Schulen, Büros etc. so wenig Feuchteeinträge haben, sodass normalerweise kein Schimmelrisiko besteht. Das Schimmelrisiko wird für zwei unterschiedliche Szenarien, jeweils für die gesamte Wohnung, berechnet:

  1. Anwesenheitsszenario – mit Nutzer:inneneingriff (entsprechend je einem Lüftungsvorgang morgens und abends)
  2. Abwesenheitsszenario (z.B. Winterurlaub) – ohne Nutzer:inneneingriff, aber geringerem Feuchteeintrag

Ist die Zeit, bis der Richtwert erreicht wird, kürzer als die zumutbare Zeit zwischen zwei Lüftungsintervallen oder liegt in Wohnbauten das Schimmelrisiko über 1%, so ist eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig. Die lüftungstechnische Maßnahme kann z.B. der Einbau einer Komfortlüftung (Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung), eine Abluftanlage oder eine bedarfsgeregelte automatische Fensterlüftung sein.

Generell wird angeraten, auch in Räume mit zumutbaren Lüftungsintervallen eine Komfortlüftung einzubauen. Dadurch werden neben guter Luftqualität und Schimmelfreiheit auch die Aspekte Komfort (Zugfreiheit), Energieeffizienz und Klimaschutz durch reduzierte Lüftungswärmeverluste bestmöglich erfüllt. Zusätzlich kann die Gebäudeheizlast bei gleicher Lüftungsintensität gesenkt werden. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn mit einer Wärmepumpe geheizt wird. Ausführliche Erläuterungen unterschiedlicher Lüftungsvarianten und Hilfestellung für die Umsetzung einer Komfortlüftung bieten die produkt- und firmenneutralen Informationsplattformen komfortlüftung.at sowie passipedia.de.

In Bildungseinrichtungen und Büros wird durch gute Raumluft auch die Leistungsfähigkeit stark erhöht und das Infektionsrisiko herabgesetzt, Lüftungsvorgaben für diese Gebäude finden sich auf der Website des BMK und auf der Website des Österreichischen Instituts für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS).

Die Einflussfaktoren auf die Luftqualität und Feuchtigkeit der Raumluft und damit auf die Schimmelfreiheit sind vielfältig (Raumgröße, Personenbelegung, Luftdichtigkeit, Außentemperatur, Außenfeuchte, Windeinfluss, etc.), sodass für die beiden Berechnungstools mit der Monte Carlo Simulation ein stochastisches Modell gewählt wurde. Es wird dabei ermittelt, wie wahrscheinlich der Eintritt eines Ereignisses ist, wenn die Einflussfaktoren bei vorgegebener Wahrscheinlichkeitsverteilung variieren. Für jede Berechnungsanfrage werden jeweils 1.000 Berechnungen mit zufälligen Kombinationen der variierten Einflussfaktoren durchgeführt und das Gesamtergebnis als statische Auswertung dieser Einzelberechnungen ausgegeben.

Wenn einzelne Einflussfaktoren konkret bekannt sind und eingegeben werden (z.B. Raumgröße, Anzahl Personen, etc.), wird die Simulation mit diesen fixierten Werten durchgeführt und man erhält damit ein Ergebnis mit geringerer Streubreite. Je mehr Parameter fixiert werden, desto stärker reduziert sich die Streubreite. Es entsteht jedoch immer eine statistische Verteilung, da zumindest die Wetterwerte für die einzelnen Orte über die gesamte Winterzeit variiert werden.

Die wissenschaftliche Erläuterungen und Dokumentation der Berechnungsmethodik finden sie im wissenschaftlichen Hintergrund.