Mehr Verbrauch als erwartet
Manche Gebäude verbrauchen mehr Energie, als berechnet. Meistens liegt das am Nutzereinfluss und an fehlender Wartung. An einem Fallbeispiel wird erklärt, wie sich die unerwarteten Verbräuche aufaddieren und wie gegengesteuert werden kann.
Was läuft falsch, wenn das energieeffiziente Gebäude mehr Energie braucht als erwartet
Ein typisches, kleines Passivreihenhaus hat einen berechneten Heizwärmebedarf von 14kWh/(m2a), gerechnet nach PHPP. Der Heizwärmebedarf ist nur ein Teilergebnis des gesamten Energieverbrauchs des Gebäudes, darum liegt der erwartete Verbrauch des Gebäudes bei 39kWh/(m2a), nämlich ca. 17kWh/(m2a) Endenergie für Heizen und 22kWh/(m2a) Endenergie für Warmwasserherstellung und Verteilung. Der Primärenergiebedarf des Gebäudes liegt bei 60kWh/(m2a).
Falsche Nutzung gibt es nicht, aber unerwartete Ergebnisse
Jetzt kommt der Nutzer des Gebäudes mit seinen individuellen Lebensgewohnheiten ins Spiel: Sobald die Temperatur im Gebäude nicht 20°C, sondern 22°C beträgt, steigt der Heizwärmebedarf von 14 auf 18kWh/(m2a). Leben in der Wohnung statt vier Personen nur zwei, sinkt zwar der Primärenergiebedarf durch den gesunkenen Warmwasserbedarf, aber der Heizwärmebedarf erhöht sich von 14 auf 19kWh/(m2a), da die inneren Gewinne fehlen.
Abweichende Einstellungen in der Haustechnik zwischen Berechnung und Realität
Fehleinstellungen an Heizung, Lüftungsanlage oder Warmwasserbereitung führen leicht zu einem sich rasch addierenden, unnötigen und unerwarteten Energieverbrauch. Läuft zum Beispiel die Heizung über die Sommermonate durch, steigt der Heizwärmebedarf ebenfalls von 14 auf 18kWh/(m2a).
Ein zu hoch eingestellter Luftwechsel führt zu einem HWB von 15 kWh/(m2a), aber erhöht den Primärenergiebedarf, wegen des gestiegenen Strombedarfes von 60 auf 65 kWh/(m2a). Läuft die Solaranlage nicht effizient sind noch einmal zusätzliche 6 kWh/(m2a) Primärenergie fällig.
Steht die Warmwassersolltemperatur statt auf 45°C auf 60°C kommen wieder 8kWh/(m2a) Primärenergie in unserer Berechnung hinzu. Auch die Wärmepumpe reagiert empfindlich auf Vorlauftemperaturen. Die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe sinkt von erwarteten 4 auf schlechte 2,77, wenn die Vorlauftemperatur der Wärmepumpe 55°C und nicht 35°C beträgt. Auch das kostet uns im Beispiel noch einmal 4kWh/(m2a) Primärenergie.
Kumulierung von kleinen Fehlern in der Einstellung der Haustechnik
Fallen die erhöhte Innenraumtemperatur, der erhöhte Luftwechsel, die Unterbelegung und die erhöhte Warmwassertemperatur zusammen, ist das sicher kein ungewöhnliches Beispiel. Allerdings braucht unser kleines Passivhaus dann rechnerisch statt 14 schon 24kWh/(m2a) Heizwärme, d. h 28,8kWh/(m2a) Endenergie für das Heizen und statt 60 jetzt 80 kWh/(m2a) Primärenergie. Die meisten dieser Mehrverbräuche lassen sich mit wenigen Ingenieursstunden im Heizungskeller beheben. Es bleiben die nutzerabhängigen Einflüsse, wie erhöhte Raumtemperatur und geringe Belegung, die sich nur zum Teil durch Temperaturabsenkung am Tag abmildern lassen. Primärenergetisch relevant ist auch der Übergang von wasserscheuen Kindern zu mehr-mals täglich duschenden Teenagern, der in unserem Beispiel den Warmwasserbedarf um ein Drittelanhebt und damit den Primärenergiebedarf von 60 auf 76kWh/(m2a) hochschnellen lässt. Dieses Nutzerverhalten löst sich normalerweise nach wenigen Jahren durch Auszug, führt dann aber leider häufig zur Unterbelegung.
Wie erwartet, führen unterschiedliche Nutzergewohnheiten zu verschiedenen Energieverbräuchen, das ist beim Auto nicht anders. Im Gegensatz zum Auto dürfen aber unsere Häuser nicht zum regelmäßigen Kundendienst, bei dem Pumpen und Ventile eingestellt und kontrolliert werden, sondern man erwartet, dass sie ohne ersten Jahrescheck und Wartungsvertrag so funktionieren, wie sie der letzte Monteur verlassen hat. Das ist ein Fehler, der sich allmählich herumspricht und der viel Energie und Geld kostet: ungefähr das Doppelte des Erwarteten.