Ein Stück Geschichte bewahren und fit für die Zukunft machen.
Ein gelungenes Beispiel dafür, wie Tradition, Nachhaltigkeit und moderne Technik zusammenfinden – und zeigen, welches Potenzial in alten Häusern steckt.
Ein über 125 Jahre altes Haus energetisch und ökologisch zu modernisieren – ohne den ursprünglichen Charakter zu verlieren: Genau das ist Lukas Schreiber gelungen. Mit viel Eigenleistung und unterstützt durch die Expertise von Sanierungsberater Markus Liepert entstand ein modernes, energieeffizientes Zuhause, das Geschichte bewahrt und gleichzeitig ein Vorzeigeprojekt in Sachen Nachhaltigkeit ist. Wir haben mit den beiden über die Sanierung gesprochen.
Herr Schreiber, Sie haben ein Haus aus dem Jahr 1899 saniert. Warum haben Sie sich für eine Sanierung entschieden – und nicht für einen Neubau?
L. Schreiber: Das Haus gehört zu meiner Familiengeschichte – mein Urgroßvater hat es gebaut, mein Großvater hat hier gewohnt, und ich selbst bin gleich daneben aufgewachsen. Für mich war immer klar: abreißen kommt nicht infrage. So ein altes Haus hat einfach Charme. Der Grundriss war überraschend gut, mit wenig Umbauten funktional nutzbar. Mir war wichtig, das Bestehende zu bewahren und gleichzeitig zukunftsfähig zu machen.
Welche Schritte waren für die Sanierung notwendig?
L. Schreiber: Am Anfang war mir der Umfang ehrlich gesagt nicht ganz bewusst. Wir haben im Frühjahr 2023 mit dem Umbau begonnen – davor musste viel ausgeräumt und ein grober Abbruch gemacht werden. Dann ging es richtig los: neue Fenster, Dämmung, eine neue Heizung und die gesamte Haustechnik. Parallel dazu habe ich selbst sehr viel mitgearbeitet – jede freie Minute war ich am Bau. Ich habe kleinere Maurerarbeiten gemacht, verputzt, Handwerker unterstützt. Ohne die Mithilfe meines Vaters, der das Haus wie seine Westentasche kennt, wäre es kaum gegangen.
Herr Liepert, Sie haben die Sanierung begleitet und sich auch um die ganzen Fördereinreichungen gekümmert. Was war für Sie das Besondere an diesem Projekt?
M. Liepert: Es handelt sich um ein über 100 Jahre altes Ziegelhaus – solche Bestände haben viel Potenzial, wenn man bewusst mit ihnen umgeht. Lukas hat sich dafür entschieden, die historische Putzfassade zu erhalten. Das ist nicht selbstverständlich, viele hätten wahrscheinlich eine Holzfassade gewählt. Hier blieb das Erscheinungsbild – inklusive alter Eingangstür und neuer Fenster mit klassischer Teilung – erhalten. Gleichzeitig wurde das Haus energetisch und ökologisch auf ein Top-Niveau gebracht. Diese Kombination ist selten.
Stichwort „energetisch und ökologisch“ – was wurde konkret gemacht?
L. Schreiber: Wir haben die Außenwände mit 20 Zentimetern Holzfaserdämmung versehen, dazu neue dreifach verglaste Fenster eingebaut. Bei der Heizung habe ich von Gas auf eine Erdwärmepumpe umgestellt – das war mir wichtig, auch wenn die Investition höher war. Ergänzt wurde das Ganze durch eine Photovoltaikanlage mit 9 kWp am Dach. Im Innenbereich habe ich großen Wert auf ökologische Materialien gelegt: Kalkputz in den Wohnräumen, Lehmputz im Schlafzimmer.
M. Liepert: Gerade die Holzfaserdämmung war eine großartige Entscheidung. Sie ist um einiges teurer als Styropor oder mineralische Dämmplatten, aber bauphysikalisch hochwertiger, langlebig und sie beugt der Algenbildung an der Putzfassade vor. Und sie ist auch kein Sondermüll in den nächsten 100 Jahren. So einen Vollwärmeschutz mit nachwachsenden Rohstoffen sieht man noch selten – hier wurde wirklich ein ökologisches Vorzeigeprojekt umgesetzt. Und auch die Haustechnik ist qualitativ vom Feinsten. Besonders toll fand ich, dass sich Lukas für eine Erdwärmepumpe entschieden hat, trotz der Mehrkosten.
Wie wirkt sich die Sanierung nun tatsächlich auf den Energieverbrauch aus?
Früher war das Haus mit Gas beheizt – jetzt erreichen wir einen Faktor 10 beim Heizwärmebedarf. Das merkt man sofort. Besonders Spaß macht die Kombination aus Photovoltaikanlage und Wärmepumpe:
Wenn die Sonne scheint, produzieren wir unseren eigenen Strom, auch fürs Heizen. Mein Ziel ist, dass wir am Ende des Jahres bei null Stromkosten landen – inklusive Heizung.
Bauherr Lukas Schreiber
Gab es Überraschungen oder Schwierigkeiten während der Sanierung?
L. Schreiber: Natürlich tauchen Dinge auf, die man vorher nicht auf dem Schirm hat – zum Beispiel, dass die Wände nicht gerade waren und viel mehr Grundputz gebraucht haben. Aber wirklich schiefgegangen ist nichts. Mit den Handwerkern war ich sehr zufrieden, das Zusammenspiel hat super funktioniert. Unterm Strich ist das Projekt größer geworden als ursprünglich geplant, aber genau das hat es schlussendlich auch besser gemacht.
Herr Liepert, wie haben Sie Herrn Schreiber als Bauherren erlebt?
M. Liepert: Sehr angenehm – ruhig, strukturiert, zuverlässig. Wenn man etwas ausmacht, passiert es auch so. Dazu kommt: Er ist sehr geschickt und hat unglaublich viel selbst gemacht. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Lukas hat mit viel Eigenleistung und klaren Vorstellungen einen großen Teil zum Erfolg beigetragen.
Herr Schreiber, was ist Ihr persönliches Highlight im Haus?
L. Schreiber: Der Wohn- und Essbereich. Der Raum ist sehr gelungen, mit direktem Zugang zur Terrasse. So kann der Wohnraum nach draußen erweitert werden. Außerdem ist das Dachgeschoss vorbereitet: Noch ein Edelrohbau, aber so ausgelegt, dass dort einmal eine Wohnung entstehen könnte. Das gibt uns viel Flexibilität für die Zukunft.
Zum Abschluss: Was würden Sie anderen Bauherren raten, die vor einer Sanierung stehen?
L. Schreiber: Man sollte sich bewusst sein, dass der Aufwand größer ist, als man anfangs denkt – aber es lohnt sich absolut. Gerade, wenn man eine persönliche Bindung zum Haus hat, ist eine Sanierung viel mehr als nur Bauen. Es ist ein Stück Identität.
Ich kann nur ermutigen, alte Häuser nicht vorschnell aufzugeben. Mit den richtigen Konzepten lassen sie sich ökologisch, energetisch und gestalterisch auf ein modernes Niveau bringen – ohne den Charakter zu verlieren. Dieses Projekt zeigt, wie schön das Ergebnis sein kann.
Sanierungsberater Markus Liepert
Factbox
- Baujahr: 1899
- Stil: Ziegelbau mit historischer Putzfassade
- Geplante Nutzung: Einfamilienhaus mit Option auf zweite Wohneinheit im Dachgeschoss
- Fassade: Original erhalten, mit 20 cm Holzfaserdämmung thermisch saniert
- Fenster: Holzfenster mit klassischer Teilung, 3-fach-Verglasung
- Dach: vorbereitet für Ausbau, Dämmung vorgesehen
- Heizung: Umstellung von Gas auf Erdwärmepumpe
- Energieversorgung: Photovoltaikanlage mit 9 kWp am Dach
- Innenausbau: Kalk- und Lehmputze, ökologische Materialien
- Beteiligte Partnerbetriebe: Entner-Dach GmbH & Co KG und Lins dach & fassade GmbH
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Liepert ist Sanierungsberater und langjähriges Mitglied der Plattform Partnerbetrieb Traumhaus Althaus.
Erfahren Sie mehr über die Sanierungsspezialist*innen: www.partnerbetrieb.net.
Bei diesem Projekt durften wir uns um die Dacheindeckung kümmern. Hr. Schreiber hat sich für seit Jahrzehnten bewährte Tonziegel entschieden. Somit zieht sich der Grundgedanke der Sanierung, ökologische Produkte zu verwenden, bis zum Dach hin durch. Hr. Schreiber hat bei dieser Sanierung den Charme des Hauses sehr gut mit den modernen Anforderungen kombiniert.
Martina Lins, Lins dach & fassade
Nähere Details zu dieser besonderen Sanierung finden Sie unter www.sanierungsgalerie.at
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Julia Weger, WEGWEISER – Büro für nachhaltige Ideen














