Haus der Zukunft in Bregenz hat endlich Zukunft
Nach einem Jahr Verzögerung nimmt das „Haus der Zukunft“ in Bregenz nun Gestalt an. Das Projekt der Industriellenvereinigung Vorarlberg zeigt, wie anspruchsvolle Sanierung und enge Zusammenarbeit Hand in Hand gehen – und lässt die Partnerbetriebe optimistisch in die Zukunft blicken.
Massive Zeitverzögerungen von rund einem Jahr haben das Team aus Bauherr, Architekt und Generalunternehmer zusammengeschweißt – dieser Eindruck wird bei der Partnerbetriebsbesichtigung im zukünftigen Haus der Zukunft in Bregenz, einem Projekt von i+R Bestandsbau im Auftrag der Industriellenvereinigung Vorarlberg, direkt deutlich.
Dass mittendrin in einer engen Altstadt gebaut und saniert wird, erleben die Vorarlberger nicht so häufig. Entsprechend groß waren die Vorbehalte in Bregenz, wo ein ehemaliges sechsstöckiges Gewerbe- und Wohngebäude umgenutzt und zum neuen Sitz der Industriellenvereinigung werden soll.
„Industrie ist für den Menschen da“, fasst Simon Kampl das Anliegen der Bauherrschaft zusammen. Entsprechend will man auch nahe an den Menschen sein.
Simon Kampl - Geschäftsführer IV Vorarlberg
Gemeinsam mit Martin Epp und Stefan Riedmann von Partnerbetrieb i+R und Clemens Hämmerle von Baumschlager Eberle Architekten hat er den Blick hinter die Fassade ermöglicht. „Die Wände sind noch offen, der Bestand ist zu sehen“, lädt Martin Epp, Geschäftsbereichsleitung Bestandsbau, die rund 25 Teilnehmenden auf die laufende Baustelle in das auffallend schmale Gebäude mit der früher zurückversetzten Erdgeschoss-Fassade ein.
Statt Leerstand nun neuer Schwung
„Das Gebäude, diese Enge, nur sechs Meter Breite vorn, dafür eine extreme Tiefe“, so beschreibt Architekt Clemens Hämmerle die Herausforderung an diesem so prominenten Ort.
Hier Raum zu erzeugen, zumal barrierefrei und mit allen Anforderungen des Brandschutzes, war schwierig.
Architekt Clemens Hämmerle
Viele Bregenzer kennen das frühere Stadthaus noch aus Zeiten des Fotografen Murer. Über einen zweiten Treppenaufgang von außen erreichte man Allgemeinarzt, Zahnarzt sowie zwei Wohnungen. Man hat sehr stark rückgebaut, entkernt und alle Treppen entfernt, erläutert Bau- und Projektleiter Stefan Riedmann.
Neu erschlossen, werden die rund 450 Quadratmeter, verteilt auf sechs Etagen nun über ein zentrales Treppenhaus und einen barrierefreien Aufzug. Große Anstrengungen kostete die Entfernung der verschiedenen Treppen und die Verlegung von Treppen und Aufzug ans hintere Ende des nach hinten nur 5,70 Meter schmalen Gebäudes.
Alle Decken mussten dafür ausgeschnitten werden. „Jede Decke sah anders aus“, erklärt Stefan Riedmann, warum das statische Konzept mehrfach abgeändert und zusätzlich Betonträger zur statischen Ertüchtigung einbetoniert werden mussten.
Jedes Geschoss hat eine komplett eigene Funktion
So erklärt Architekt Clemens Hämmerle das Konzept. Die neue Planung sieht einen Veranstaltungsraum mit Dual Use-Konzept im Erdgeschoss vor. Hier sollen sich ab Dezember Bürger, Besuchergruppen und Schulklassen über die Aufgaben der Industrie in Vorarlberg informieren können.
Was leistet die Industrie? Wo ist sie in Vorarlberg Vorreiter? Was leistet sie für die Ausbildung?
Das werden Themenbereiche der neuen Erlebniswelt sein, gut sichtbar hinter der großen Verglasung auf der Ebene der Fußgängerzone.
Eine komplett verglaste Ecke ist für die Präsentation von Firmen aus Vorarlberg gedacht, die sich als Sponsoren einkaufen können. Ein heller Terrazzoboden zieht sich vom Erdgeschoss bis ins dritte Obergeschoss. Sitzungszimmer und Besprechungsraum für den Vorstand finden sich im ersten Stock, Teeküche und Büros im zweiten Stock, darüber weitere Büros. Technikraum, Lager und WC-Anlagen sind im Keller. Die Luftwärmepumpe, wurde auf Drängen einiger Nachbarn in eine schallgedämmte Dachnische verlegt.
„Wir hatten sehr unterschiedliche bauphysikalische Anforderungen“, erzählt Clemens Hämmerle. Die geplanten Büros haben geringere Anforderungen als die Wohnräume zuvor, andererseits aber braucht die neue Veranstaltungsfläche, die Platz für bis zu 85 Menschen bieten soll, Sommer wie Winter eine extra Lüftungsanlage. „Mit der Westfassade, auf allen Ebenen verglast, haben wir gefühlt 40 Grad“, erklärt er die auf den ersten Blick überdimensionierte Gebäudetechnik, die alle Etagen abdeckt. Die Luftwärmepumpe nutzt die Außenluft zur Beheizung des Gebäudes. In zwei Stockwerken erfolgen Heizung und Kühlung über eine Klimadecke, in drei Stockwerken über eine konventionelle Fußbodenheizung. Hier ist man raumhöhenpasst vorgegangen, denn: „Wir werden immer niedriger, von Etage zu Etage.“
Eine bauliche Sensation zeigt sich zwischen der dritten und vierten Etage, die durch eine frei-tragende Nautilustreppe, komplett weiß, in Metall und mit Eichentritten und den ganz typischen zweifachen Schwung, verbunden sind. Und hier werden die Räume nochmals heller. Anders als in den unteren Etagen, kann das Licht hier auch vom Hinterhof hereinfallen. „Hier konnten wir komplett neu denken“, erinnert sich Martin Epp an das vorherige Flickwerk und den vollständigen Rückbau. Zur Gebäuderückseite ist das vierte Stockwerk um eine Terrasse mit kleiner Bar ergänzt.
„Das war alles sehr beengt“, erinnert sich Stefan Riedmann, „und die Zufahrtszeiten zur Materialanlieferung ans Gebäude extrem beschränkt.“ Auf einen Zeitraum zwischen 6 und 10 Uhr morgens konnten sich die Nachbarn schließlich einigen, Platz für einen Baukran fand sich lediglich auf dem Rathausparkplatz, den man eigens von der Stadt gemietet hatte.
Wir wollten den Platz hereinholen
Um der zentralen Lage in Bregenz gerecht zu werden, haben die Architekten eine Fassade mit großen Fensterflächen und hochwertigem Strukturputz vorgesehen. Auch eine Gaube im Dachgeschoss kam dazu. Natürliches Licht erhellt jede Etage dank einer großen Fensterfläche inklusive Lüftungsflügeln, als zweiter Fluchtweg gedacht, zur Fußgängerzone hin. Denn: „Brandschutztechnisch waren wir in einem sehr komplexen Bereich unterwegs“, stellt Clemens Hämmerle klar. Eine Mauervorsatzschale gleicht Unregelmäßigkeiten aus, die sich über die Jahre zu den Nachbargebäuden hin ergeben haben.
Die geschweißte Treppe ist sinnbildlich für unser Miteinander, ein Fazit für die Zusammenarbeit der Baubeteiligten. Trotz der Ungewissheiten war mit Architekt und Bauträger immer ein gutes Einvernehmen.
Simon Kampl von der Bauherrschaft
Am Bau beteiligt sind ausschließlich Vorarlberger Handwerksbetriebe. „Es gab viele Begehrlichkeiten, was dieses Gebäude angeht. Alle haben sich fair gezeigt, sportsmanlike“, freut sich Simon Kampl.
Beteiligte Partnerbetriebe an der Sanierung: i+R Bestandsbau GmbHErfahren Sie mehr über das Netzwerk der Sanierungsspezialist*innen: www.partnerbetrieb.net










