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Das Haus ums Stiegenhaus

Haus des Monats: Zwei Brüder haben mit Unterstützung vom Partnerbetrieb Gmeiner & Miatto Architekten das ehemalige Elternhaus saniert und das ortstypische Haus im Dornbirner Stadtteil Hatlerdorf bereit für die nächste Generation gemacht.

Karin Nussbaumer
Architekten und Bauleute: (v.l.) Benjamin Miatto, Daniel und Lukas Seethaler, Philipp Gmeiner

Daniel Seethaler hat gemeinsam mit seiner Frau Verena und seinem Bruder Lukas das ehemalige Elternhaus saniert und das ortstypische Haus im Dornbirner Stadtteil Hatlerdorf bereit für die nächste Generation gemacht. Im Interview mit den Bauleuten und den Architekten gibt´s viel Wissenswertes für die Planung der eigenen Sanierung.

Nach eineinhalbjähriger Bauzeit konnte das Sanierungsprojekt der Familie Seethaler abgeschlossen werden und kann als erfolgreiches Beispiel für Mehrgenerationenwohnen bezeichnet werden. Bei der Sanierung wurde ganz besonderes Augenmerk darauf genommen, den historischen Bestand respektvoll in den nächsten Gebäude- und Nutzungszyklus zu überführen.

Im Rahmen des EU-Projektes GO Altbau zeichnen wir regelmäßig ein "Haus des Monats" aus, um über eine gelungene Sanierung zu berichten und so zum Nachahmen anzuregen.
Wir haben mit den beiden Brüdern und den begleitenden Architekten Benjamin Miatto und Philipp Gmeiner (Gmeiner & Miatto Architekten), Mitglied der Partnerbetriebe Traumhaus Althaus, über das "Haus des Monats" gesprochen.

Fangen wir vorne an: Wie kam’s zur Sanierung?

Daniel: Meine Frau Verena und ich haben einen fixen Platz gebraucht, weil wir eine Familie gründen wollten. Und die Option, dieses Haus hier zu nutzen, hat sich 2020 aufgetan. Wir haben die Sanierungs-Vor-Beratung des Energieinstituts in Anspruch genommen, Benjamin Miatto hat sie als Berater übernommen. Und weil das so gut gepasst hat, hat er uns dann gemeinsam mit Philipp Gmeiner bis heute begleitet. Das war eine zentral wichtige Grundlage, weil wir da vor allem darüber gesprochen haben, was es braucht und ob das mit dem Gebäude technisch sinnvoll machbar ist.

Was gibt’s über das Haus zu erzählen?

Lukas: Wir haben bis Ende der Neunziger dann nach der Rückkehr aus dem Studium wieder in diesem Haus gewohnt, zusammen mit unserem über 100-jährigen Opa, der seine Wohnung im Erdgeschoß hat. Auch das Haus ist über 100 Jahre alt, wurde Stück für Stück erweitert und angepasst – so wie jetzt auch wieder. Es gilt als erhaltenswert, weil sein Erscheinungsbild in der Straße eine bestimmte Rolle spielt und für das Viertel hier typisch und wichtig ist.

Viel vom Gebäude zu erhalten, war also Ziel?

Daniel: Ja, aber nicht nur aus architektonischen und sozialen, sondern ganz pragmatisch auch aus finanziellen Überlegungen. Wir wollten das Haus aber auch aus ökologischen Gründen, im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten. Die Entscheidung, ein Gebäude zu sanieren, muss aber gut abgesichert sein, damit man sich nicht übernimmt. Da war die Begleitung durch die Profis extrem wichtig für uns.

Benjamin: Wenn es technisch geht, lohnt es sich aus meiner Sicht immer, das Haus zu erhalten, weil auch Kultur und Geschichte weitergelebt wird. Und das Haus seinen über Jahrzehnte oder Jahrhunderte angestammten Platz behält und damit auch in die gesamte Umgebung strahlt.

Als ihr (die „Profis“) ins Spiel gekommen seid, was habt ihr da gesehen?

Benjamin: Wir haben ein schönes Haus vorgefunden, das für sein Alter in einem ziemlich guten Zustand war. Wir haben motivierte Bauleute vorgefunden, die bereit waren, sich auf das Projekt einzulassen. Und eine spannende Aufgabenstellung, nämlich das Haus und den später zugebauten Stadel zu zwei Wohneinheiten umzubauen.

Gab’s Überraschungen?

Philipp: Wie bei fast jeder Sanierung. Bei der Bauaufnahme hat ein Raum gefehlt im angebauten Stadel, der außen zwar schön verschalt, innen aber praktisch noch Rohbau war. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass da noch ein Raum sein muss und tatsächlich war da noch ein Raum im oberen Stock, der nur von außen über eine Leiter zugänglich war.

Benjamin: Die größte Überraschung aber war das Stiegenhaus. Wir haben beschlossen, es neu zu machen, weil wir von den Niveaus her nicht zusammengekommen sind. Als die Stiege ausgebaut wurde, hat sich herausgestellt, dass die eigentlich nur noch gehalten hat, weil sie an einer Wand verkeilt war, die wiederum selbst praktisch nur noch von ihrem eigenen Gewicht gehalten wurde. Das hätte im Zuge der weiteren Baumaßnahmen – und auch schon davor – böse ins Auge gehen können.

Jetzt ans Eingemachte: Was wurde denn umgesetzt?

Lukas: Vor allem wurden der Stadel und das Haus verbunden, indem die beiden Stockwerke horizontal verbunden wurden, inklusive spannender Erneuerung des Stiegenhauses.

Benjamin: Das war eine der größten Herausforderungen im Haus, weil wir sie in Stücken von oben eingehoben und dann von unten her aufgebaut haben. Weil das keinen Fehler verzeiht, haben wir x-fach nachgemessen und die Pläne mit dem Schlosser gegengeprüft.

Daniel: Im oberen Stock, den Lukas bewohnt, wurde eine Gaupe eingebaut, wir haben unser Stockwerk um eine Terrasse ergänzt. Fenster und Fassade sind teilweise neu. Das Gesicht des Hauses zur Straße hin wurde innen gedämmt, damit es erhalten bleibt. Natürlich sind die Innenräume allesamt komplett neu, die Decke im Dachgeschoß wurde um die Balkenlage angehoben, die eine oder andere Wand musste weichen. Im Erdgeschoß wurde der Wintergarten etwas vergrößert, die Wohnung selbst blieb unverändert.

Das ist ohne professionelle Begleitung eigentlich nicht machbar, oder?

Benjamin: Nein. Geht man da selbst dran, kommt man zum Punkt, an dem man die Abrissbirne bestellt.

War es Ziel, möglichst viel zu erhalten?

Philipp: Klar war, dass wir nur soweit zurückbauen, bis wir auf Tragfähiges stoßen. Und das, was geht, auch weiternutzen. Das macht aus ökologischen Gründen Sinn, aber auch aus finanziellen.

Daniel: Außer Diskussion stand die Fassade des Hauses, die wollten wir jedenfalls erhalten, eben, weil das Haus für die Straße wichtig ist und wir das Gebäude so als erhaltenswert einstufen lassen konnten, was sich auch positiv auf die Wohnbauförderung ausgewirkt hat. Und ohne Wohnbauförderung wäre das Projekt nicht möglich gewesen.

Ihr seid voll in die Corona-Phase gefallen. War das schwierig?

Lukas: Das war vor allem darum schwierig, weil der Zugang zum Handwerk eingeschränkt war. Wir haben dann gemeinsam mit Benjamin beschlossen, vor allem auf lokale Handwerksbetriebe zu setzen. Dachdecker, Spengler, Zimmerer und Installateur sind alle mehr oder weniger in Rufweite.

Geduld hat’s wohl trotzdem ausreichend gebraucht?

Benjamin: Nicht nur wegen Corona. Bei einem solchen Projekt lässt sich keine klassische Ablaufplanung drüberstülpen. Man hantelt sich von Tag zu Tag, von Wand zu Wand und muss immer damit rechnen, dass etwas zutage tritt, das zuerst gelöst werden muss, bevor man mit dem eigentlich geplanten Gewerk weitermachen kann. Das erfordert eine flexible Planung und geduldige Bauleute, die immer bereit sind, sich den gerade anstehenden Fragen zu stellen.

Was braucht’s sonst noch, damit so ein Projekt gelingt?

Benjamin: Bauleute, die sich voll und ganz auf das Projekt einlassen können. Und zwar eben auf die zeitlichen und teilweise auch finanziellen Unwägbarkeiten. Aber auch auf die Möglichkeiten, die sich während des Projekts auftun können. Dafür gibt’s dann ein Ergebnis, das einzigartig ist.

Philipp: Und jemanden, der die jeweils relevanten Entscheidungen für die Bauleute aufbereitet. So können sie sich jeweils auf die Dinge konzentrieren, die im Moment wichtig sind. Und denken nicht schon daran, wie die Küche aussieht, bevor zu hundert Prozent feststeht, wo die überhaupt landen wird im Zuge der Sanierung.

Daniel und Lukas: Und natürlich die Unterstützung von Familie und Freunden. Unser Papa ist immer auf der Baustelle, hilft mit, ist für die Handwerker ansprechbar und damit ein superwichtiger Baustein.

Mehr Details über diese erfolgreiche Sanierung und weitere nachahmenswerte Beispiele finden Sie in der Sanierungsgalerie www.sanierungsgalerie.at.

Gmeiner & Miatto Architekten sind Mitglieder der Plattform Partnerbetrieb Traumhaus Althaus. Erfahren Sie mehr über die Sanierungs-Spezialist*innen www.partnerbetrieb.net.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts GO Altbau und wird gefördert durch das INTERREG Programm Bayern-Österreich 2021-2027 - ein Programm der Europäischen Union. Das Energieinstitut Vorarlberg und die weiteren Projektpartner stellen im Rahmen des Projekts zwei Mal jährlich besondere Sanierungen als "Haus des Monats" vor.