30 Jahre Energieberatung: "Am Heiligen Abend heizen wir nicht"
Im September 1991 verhalf eine der ersten Energieberatungen nach dem ersten Energieberater-Lehrgang zum Bau eines Wohnhauses, das dann zu einem Musterprojekt wurde. Heute, 30 Jahren später, sprachen wir über die damalige Zeit, die Zufriedenheit mit dem Haus und das, was sich seither verändert hat.
Im September 1991 verhalf eine der ersten Energieberatungen nach dem ersten Energieberater-Lehrgang zum Bau eines Wohnhauses, das dann zu einem Musterprojekt wurde. Heute, 30 Jahren später, sprachen wir über die damalige Zeit, die Zufriedenheit mit dem Haus und das, was sich seither verändert hat.
So um 1990 hat Nikolaus Schrenk für sich und seine junge Familie eine Schreinerei gekauft, um darin seine Vorstellungen von nachhaltigen Möbeln zu verwirklichen: Möbel aus Massivholz, unter Anwendung aller tischlerischen Finessen, ohne Farben und Lacke. Der ungenutzte Raum unter dem Dachstuhl regte zum Nachdenken an, der Gedanke, dort eine Wohnung für die Familie einzurichten lag nahe.
Spielwiese für den Energieberater
In der ersten Orientierungsphase buchte Nikolaus Schrenk nach einem Vortrag über Sonnenenergienutzung im Gemeindeamt in Weiler eine Energieberatung beim Energiesparverein Vorarlberg. Der frisch ausgebildete Energieberater Helmut Edlinger wurde zugewiesen und setzte sich mit ihm in Verbindung.
Edlinger: „Es war eine sehr schöne Beratung, eine herausfordernde. Außer den tragenden Elementen des Dachstuhls gab es keine Einschränkungen, ganz anders als bei anderen Beratungen, wo sich dann alles nur noch um Fenstertausch und Dämmstoff dreht.“ Das handschriftliche Beratungsprotokoll auf dem damals üblichen Formularsatz finden Sie rechts bzw. unten zum Download.
Gemäß seiner ökologischen Einstellung wollte Schrenk sein Wohnhaus auch aus etwas Anderem bauen, als aus der damals üblichen Glaswolle. „Ich war überrascht, wie viele Alternativen es zu Glaswolle damals schon gab. Der Energieberater hat mir so richtig auf die Sprünge geholfen“ erinnert er sich noch heute. „Als Tischler weiß man nicht viel über Dämmstoffe und damals gab es ja alle Augenblick neue Produkte. Froh war ich auch über die Unabhängigkeit des Beraters. Er war sehr kompetent und wollte mir nichts verkaufen, das war sehr entspannend. Und günstig war es auch. Hat die Beratung überhaupt etwas gekostet?“
"Mit dem Wandaufbau würden wir heute keine Lorbeeren mehr holen"
Es wurde schließlich eine Holzelementkonstruktion, gedämmt mit Mineralwolle, innen Magnesit gebundene Holzwolle-Leichtbauplatten als Putzträger, außen bituminierte Holz-Weichfaserplatten, alles im damals noch jungen Energiesparhausstandard. Geplant hat Nikolaus Schrenk das Haus selbst, die Statik war ja durch den bestehenden Dachstuhl schon gegeben und als Tischlermeister tat er sich dabei leicht, nachdem sein Wissen um die Energiestandards aufgefrischt war.
Der Sohn Raphael, heute im Holzbau tätig, lacht über den Wandaufbau und meint: „Da sind wir heute schon ein gutes Stück weiter. Mit dem Wandaufbau würden wir heute keine Lorbeeren mehr holen.“ Stimmt, die Entwicklung blieb nicht stehen, aber dennoch war Heizen die ganze Zeit über kein Thema.
Geheizt wurde mit Säge- und Holzabfällen aus der Werkstatt
Denn es wurden noch weitere energietechnische Besonderheiten verwirklicht: Für die Säge- und Hobelabfälle wurde eine neue Holzheizung gebaut, die Werkstatt und Wohnbereich versorgte. Null-Kosten für Heizmaterial erfreuten die ganzen 25 Jahre, bis der Betrieb und damit die Holzabfälle in der Tischlerei altersbedingt langsam weniger wurden. Die Wohnebene wird heute mit 4 Raummeter Weichholz über einen Kachelofen geheizt, der aus der Keramikerinnen-Diplomarbeit der Schwester von Gabriele Schrenk resultierte. „Nur am Heiligen Abend heizen wir nicht, mit der ganzen Familie im Raum und den Kerzen noch dazu würde es viel zu warm werden. Oft feiern wir mit offener Terrassentüre Weihnachten!“ Die Dämmung – einmal investiert – funktioniert auch noch heute wie damals.
Wenn Holzheizung – dann auch Solarthermie, das war für die Schrenks damals schon selbstverständlich. Es musste ein Installateur aus dem Bregenzerwald bemüht werden, weil sich im näheren Umfeld noch keiner fand, der Erfahrung mit thermischen Solaranlagen hatte. „Es befand sich alles noch in Kinderschuhen, aber ein Dach nach Süden mussten wir doch nutzen“ lies Schrenk sich nicht entmutigen. „Es gab auch viel Förderung für alles, damals, 12.000 Schilling für die Solaranlage zum Beispiel. Das war schon ein Drittel der Kosten.“ – Und wie funktionierte die Solaranlage? – „Die Heizpatrone brauchte es nur manchmal in der Übergangsjahreszeit, wenn die Heizung nicht mehr lief und die Sonne noch auf sich warten ließ. Von Mai bis September lieferte die Solaranlage immer 100%“. Die Solaranlage war der absolute Hit.“
Eigenes Stromnetz für die PV-Anlage
Die Schlafzimmer wurden gar nie an das 240-Volt-Netz angeschlossen. Sie erhielten ein 12-Volt-Gleichstromnetz, gespeist mit Strom von Photovoltaik-Paneelen, der in Blei-Akkumulatoren, die aus einem der ersten Elektroautos Vorarlbergs stammten, gepuffert wird. Als diese für den Fahrbetrieb nicht mehr leistungsfähig genug waren, wurden sie für den stationären Betrieb zur Verfügung gestellt. Das System funktioniert noch heute, die Zimmer haben noch immer keine 240-Volt-Steckdose und niemandem fehlt etwas.
Für Leselampen und den Betrieb eines Kassettenrekorders, der für diesen Zweck auf eine 12-Volt-Anspeisung umgebaut wurde, reichte es. Denn die Kinder lernten mit Energie hauszuhalten. Lies jemand in einer Schlechtwetterphase morgens das Licht eingeschaltet und blieb das den Tag über unentdeckt, dann gab es abends keine Lesestunde mehr. „Hat einer mal vergessen das Licht abzuschalten, dann ist ein anderer gesprungen“ lacht Gabriele Schrenk.
"Alles andere würde ich heute wieder genauso machen"
Zwischenzeitlich gab es auch ein kleines Windrad, das aber wegen der häufigen Flauten wieder abgebaut wurde. „Die meiste Zeit ist es gestanden und bei Sturm hat es so wild gearbeitet, dass es richtig gefährlich geklungen hat“ lacht Schrenk. Dafür wurde die PV-Anlage erweitert.
Was Nikolaus Schrenk heute anders machen würde? „Natürlich würde ich heute Dreischeibengläser nehmen statt der damals verfügbaren Zweischeiben-Wärmeschutzgläser und noch besser dämmen. Alles andere würde ich wieder genauso machen“ ist er heute noch von der Richtigkeit seiner damaligen Entscheidung überzeugt. Damit wird auch bestätigt, dass es richtig war, das Haus in die Broschüre „Energiebewusstsein heute in Vorarlberg“ aufzunehmen, die 1994 erschienen ist.
„Und wie hast du die Energieberaterausbildung in Erinnerung, Helmut?“ – „Das war eine tolle Zeit. Den ganzen Winter sind wir jeden Donnerstag, Freitag und Samstag nach St. Arbogast gepilgert und haben uns da oben getroffen, unter dem Dach und viel diskutiert und gerechnet. Zu sehen, dass es noch viele andere gab, die am selben Thema interessiert sind, tat schon gut. Und gelernt habe ich viel, obwohl ich aus dem Bauwesen kam. Die Gesamtzusammenhänge, vom k-Wert, wie er damals hieß bis zur Heizlast sind mir aber erst im Kurs klargeworden. Das gab dann auch Sicherheit für die späteren Beratungen.“