e5-Exkursion nach Tirol: Wärme, Wärme, Wärme
Ende September stand endlich wieder eine e5-Exkursion am Programm. Diese führte die rund 20 Teilnehmenden ins schöne Tirol - nämlich in die Städte Kuftstein, Wörgl und Innsbruck.
Ende September stand endlich wieder eine e5-Exkursion am Programm. Diese führte die rund 20 Teilnehmenden ins schöne Tirol - nämlich in die Städte Kuftstein, Wörgl und Innsbruck.
Wärme und nochmal Wärme war das Thema der e5-Exkursion nach Tirol:
- Denn erstens genossen wir herrlich warmes Spätsommerwetter – beim Spaziergang durch Kufstein und bei unserer Radtour durch Innsbruck.
- Zweitens war die Gebäudewärme ein großes Thema – so sahen wir viele beeindruckende Beispiele von gemeinnützigem Wohnbau im Passivhausstandard (!).
- Drittens: Wärmenetze. Dazu bekamen wir interessanten Input in Innsbruck und Wörgl.
- Viertens: Menschliche Wärme. Diese haben wir im Wohnprojekt von „Haus im Leben“ gespürt, wo Junge und Alte sowie Menschen mit Betreuungsbedarf in einem ausgefuchsten Konzept zusammenleben.
Leistbares Wohnen im Passivhausstandard in Kufstein
Großes Interesse rief in Kufstein die Präsentation des Baumassedichte-Modells (in Vorarlberg wäre das die Baunutzungszahl) durch Stadtrat Stefan Hohenauer hervor. Die Stadt Kufstein leidet unter extrem hohen – und stets steigenden - Wohnpreisen. Das BMD-Modell motiviert Bauunternehmer, leistbare Wohnungen zu bauen. Bonuskriterien sind neben einer gewissen Zahl an leistbaren Wohnungen auch Passivhausstandard, Begrünung und hochwertige, gut zugängliche Radabstellplätze.
Damit die angeboten Bonusmaßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden, muss der Bauwerber eine Bankgarantie abgeben, die erst nach der Benutzungsbewilligung wieder freigegeben wird. Hier kommt es, laut Hohenauer, auf ein kluges Abwägen der zugestandenen Baumassedichte und der Bonuspunkte an.
Auf einem Rundgang durch die Innenstadt diskutierten wir die Gestaltung des öffentlichen Raums anhand von Begegnungszonen, dem KulturQuartier und dem neu gestalteten Stadtpark.
Energieversorgungsstrategie und Abwärmenutzung in Wörgl
Wörgl beeindruckte mit seiner professionellen Energieplanung. Nicht zuletzt auf Grund der vorhandenen Stadtwerke wurde schon 2009 in der kleinen Stadt eine eigene Energieversorgungsstrategie beschlossen. Aus dieser ergab sich unter anderem die Kooperation mit der Molkerei Tirol Milch, die heute als Abwärmepartner ein Viertel der Stadt mit Abwärme versorgt. Auch auf die Südtiroler Siedlung konnten wir durchs Busfenster einen Blick werfen. Diese wurde als Energiepilotprojekt geplant und mit dem Bauträger Neue Heimat Tirol als „smarte“ Passivhaussiedlung (!) neu aufgebaut.
Vielseitige Radtour quer durch Innsbruck
In Innsbruck stand am Freitagmorgen ein Austausch mit Bürgermeister Georg Willi auf dem Programm, der die Herausforderungen im Bereich Verkehr (Stichwort „Autofreie Innenstadt“) und leistbares Wohnen herausstrich. Die Stadt kann dabei auf die Innsbrucker Immobilien Gesellschaft setzen, die mit viel Herzblut innovative Projekte umsetzt und gutes, ökologisches, gemeinnütziges Wohnen ermöglicht. Passivhaus ist auch im gemeinnützigen Wohnbau in Tirol Standard – sowohl im Neubau, als auch in der Sanierung. Alle Mehrkosten für den Passivhausstandard werden nach Auskunft von Hannes Gstrein, Bereichsleiter der IIG, durch die Tiroler Wohnbauförderung gedeckt.
Auf unserer Radtour bekamen wir ein interessantes Gebäude nach dem anderen präsentiert, u.a. das PSP Wohngebäude, ein Passivhauswohnbau mit PV-Fassade, einem Jahresstromertrag von 26 MW und reiner E-Heizung.
Auch die TIGAS, der Tiroler Erdgasversorger, unterstützt die Innsbrucker Energiestrategie durch den Aufbau einer durchgehenden Fernwärmeschiene von Wattens über Hall und Innsbruck bis Völs. Dafür wurden und werden langfristige Verträge mit kommunalen und industriellen Partner abgeschlossen, um möglichst viele Abwärmequellen und bestehende Biomasseheizwerke einzubeziehen.
Generationsübergreifendes Wohnen im Innsbrucker "Haus im Leben"
Am Nachmittag standen noch zwei spannende soziale Projekte auf der Agenda: Erst besuchten wir das Haus im Leben. Hier wohnen die Mieter*innen generationenübergreifend zusammen, ein Drittel ist dabei unter 40, ein weiteres Drittel 40-60 und ein Drittel über 60 Jahre. Davon darf ein Drittel einen erhöhten Betreuungsbedarf haben.
Die Bewohner werden vom Träger ausgewählt, eine professionelle Wohnbetreuung hilft bei der Organisation des Lebens und Zusammenlebens. Zum Konzept gehört die Ansiedlung gemeinnütziger Unternehmen im Erdgeschoss. In Innsbruck gehört dazu das Café Namsa – wir konnten uns überzeugen, dass es am Nachmittag von jung und alt rege besucht wird – aber auch Ärzt*innen, ein Phyisotherapeut, ein gemeinsamer Hofladen von Tiroler Bäuer*innen, ein Kindergarten, ein Bioladen und ein Friseur. Rund ums Haus im Leben entwickelt sich damit ein lebendiges Zentrum, jedes Haus im Leben soll auch zur Ortskerngestaltung beitragen. Gemeinden können mit Haus im Leben ihr eigenes, auf die Wünsche der Gemeinde angepasstes Konzept entwickeln.
Wir waren uns einige: Eine beeindruckende Idee, die Gemeinden zudem hohe Kosten durch die Belegung von Altersheim erspart und Senior*innen sehr lange ein selbstbestimmtes Leben eingebunden in einem lebendigen Umfeld ermöglicht.
Urban Mining beim RAIQA in Innsbruck
Am Abschluss unserer Exkursion stand dann der Abriss. Ein entkernter Saal mit von der Wand hängenden Tapetenresten bot uns genau die richtige Atmosphäre für die Präsentation des Social Urban Mining Projekts der Raiffeisenbank Tirol. Dieses Pilotprojekt führt die Raiffeisenbank im Rahmen der Umgestaltung ihres Bankgebäudes zum RAIQA-Quartier durch. Aus einem alten Bankgebäude aus den 60er Jahren wird ein Quartier für viele Nutzergruppen, das zudem mehreren tausend Menschen als Passage vom Hauptbahnhof in die Innenstadt dient.
Für das RAIQA wurde ein Teil des Gebäudes abgerissen um mehr Raum im neuen Quartier zu schaffen. Vor dem Abriss wurde gemeinsam mit sozialen Vereinen „rückgebaut“: Alle Wertstoffe wie Kabel, Leuchten, Metall- und Holzteile wurden sortenrein getrennt und durch die beteiligten Betriebe weiterverkauft. Im zweiten Schritt wurden Re-Use-Bauteile wie Parkettböden, Glaselemente und Möbel demontiert und z.B. an Vereine und Betriebe wie das Upcycling Studio, die Diakonie, das Landestheater oder die Jesuiten vermittelt.
Zuletzt werden die übrig gebliebenen Schad- und Störstoffe entfernt und entsorgt, dann erst erfolgte der maschinelle Abbruch. Der zentrale 6-geschossige Turm aus Stahlbeton in Skelettbauweise wurde erhalten und bis auf die Tragstruktur zurückgebaut. So wurden viel Gegenstände, Materialien und Rohstoffe einer Weiterverwendung zugeführt und viel Menschen eine motivierente Mitarbeit in einem einzigartigen Projekt geboten.
Fazit: das Nachbarbundesland ist eine e5-Reise wert!