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Nachhaltig, innovativ, stromautonom: Das Große Walsertal als Modellregion für die Energieautonomie

Das Große Walsertal ist seit 20 Jahren auf dem Weg zur Energieautonomie. Und das erfolgreich: Seit 2014 wird in der Region mehr Strom produziert als verbraucht. Wie ist das gelungen? Und was lernen wir daraus auf dem Weg zur Energieautonomie? Welche Förderungen und Hilfestellungen können Privatpersonen und Unternehmen in Anspruch nehmen, um sich ein Stück weit selbst mit Strom zu versorgen?

Im Großen Walsertal wird mehr Strom produziert, als verbraucht – sogar ohne die großen Kraftwerke der illwerke vkw. Seit 2014 hat das Walsertal damit jenes Ziel erreicht, das sich Vorarlberg im Maßnahmenplan zum 2019 ausgerufenen „Climate Emergency“ bis 2030 gesetzt hat.

Der Erfolg im Tal hat viele Eltern, wie Albert Rinderer ausführt. Der Energiepionier vom Thüringerberg ist Energiebeauftragter des Biosphärenparks und hat zahllose Projekte mit aus der Taufe gehoben. Aufbauend auf einer über 50-jährigen Tradition privater Initiativen zur privaten Kleinwasserkraft erlebte das Tal 2005 mit der Revitalisierung des Kraftwerks Rothenbrunnen frischen Schwung, der die installierte Leistung binnen weniger Jahre verdoppelte.

Als zweites Standbein gilt im Tal die Nutzung der Sonnenenergie. Allein in der ersten Photovoltaik-Hochphase zwischen 2002 und 2005 wurden PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.000 kWp installiert. Zum Vergleich: Eine klassische PV-Anlage auf einem Einfamilienhaus leistet 5 kWp.

Der Grundstein für die im Vorarlberg-Vergleich hohe Dichte an PV-Anlagen im Tal liegt auf dem Dach des Gemeindeamts in Thüringerberg: Die vor zwanzig Jahren im Rahmen der „Sonnenschein“-Kampagne errichtete Anlage ist die erste klassische PV-Bürgerbeteiligungsanlage im Tal.

Was seither folgte, war eine Tour de Force in Sachen Aktivierung der Bevölkerung: „Wir haben – als Klima- und Energiemodellregion und mit großer Unterstützung der Gemeinden und durch das e5-Programm – immer intensiv die Leute angesprochen. Persönlich oder im Rahmen von Veranstaltungen. Das ist heute noch viel wichtiger als früher. Nur einen Flyer an alle Haushalte verschicken bringt kaum mehr etwas“, fasst Albert Rinderer das Kampagnenengagement zusammen.

Doch das Ende der Fahnenstange ist für den Energiepionier noch lange nicht erreicht: „Wir haben noch einiges vor: Natürlich den weiterhin kräftigen Ausbau der Solarenergie. Außerdem den Ersatz der Ölheizungen und die verstärkte Nutzung regionaler Biomasse.“

Die Ökostromproduktion auszubauen allein reicht nicht, der Verbrauch muss gesenkt werden

Nicht vergessen dürfe man bei allem Eifer für den Ausbau der Erneuerbaren, dass der Energieverbrauch reduziert werden soll: an der deshalb im Tal ausgerichteten „Energiemeisterschaft“ haben 70 Haushalte ihren Stromverbrauch insgesamt um jährlich 60.000 kWh reduziert, was dem Verbrauch von rund 15 Einfamilienhäusern entspricht.

Der Haushaltsstromverbrauch im Großen Walsertal ist seit 2009 um 3,5 % gesunken, obwohl die Anzahl der Zählpunkte (Häuser) deutlich zugenommen hat. Der Verbrauch pro Zählpunkt hat daher um 18 % abgenommen.

Auf die Frage, was das Land vom Großen Walsertal lernen kann, gibt sich Rinderer bescheiden: „Wir wollen keine Lehrmeister sein. Wir wollen selbst noch mehr erreichen: Alle Gemeinden haben beschlossen, dass das Große Walsertal schon 2030 die Ziele der Energieautonomie erreicht haben soll. Vielleicht können wir so den Rest des Landes motivieren, die vorhandenen Möglichkeiten gut zu nutzen und zur Energieautonomie beizutragen. Wir hoffen dafür auch weiterhin auf Unterstützung des Landes.“

Landesrat Rauch sieht Potential zum Lernen und Nachmachen

Landesrat Johannes Rauch hingegen sieht schon einiges, was das Land vom Großen Walsertal lernen kann.

„Im Großen Walsertal ist es gelungen, dass sehr viele an einem Strang ziehen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum großen Ganzen beitragen“, lobt Rauch das starke Commitment. Ob Privatpersonen mit ihren kleinen oder Landwirte mit großen PV-Anlagen, Unternehmen mit Energieeffizienz und Gemeinden mit dem Ersatz von Ölheizungen oder dem Bezug von lokal produziertem Ökostrom.

„Ich bin überzeugt, dass dieses große Engagement für nachhaltig produzierte und genutzte Energie in ganz Vorarlberg steckt. Wenn es uns gelingt, es zu fördern und zu unterstützen, dann sind wir auf sehr gutem Weg zur Energieautonomie“, ist sich Rauch sicher.

Denn ein wesentlicher Schlüssel stecke darin, sich auf dem Weg zur Energieautonomie breit aufzustellen und alle Potentiale im Kleinen wie im Großen zu heben: Wer ein Haus besitzt, kann Ökostrom produzieren. Wer zur Miete wohnt, den Ökostrom kaufen und den Strombedarf reduzieren. Unternehmensdächer können begrünt und als Sonnenkraftwerke genutzt werden.

Im Regierungsprogramm des Landes ist‚ Photovoltaik mal drei‘ als wesentlicher Baustein auf dem Weg zur Energieautonomie verankert. Derzeit sind in Vorarlberg rund 2,6 m² Photovoltaik- und

PK Grosses Walsertal_CR Thomas Maier Vlbg. Landesregierung

Solarkollektorfläche pro Einwohner installiert. Vorarlberg liegt damit bundesweit im absoluten Spitzenfeld. Der jährliche Zubau von derzeit rund 8 GWh soll im Schnitt der Jahre bis 2030 auf etwa 30 GWh annähernd verdreifacht werden. Insgesamt verfolgt das Land Vorarlberg das Ziel 100 % erneuerbare Energien in der Stromversorgung ab 2030

Das Große Walsertal als Experimentierfeld

Derweil steht das Große Walsertal auch als Experimentierfeld zur Verfügung: So wurde Vorarlbergs erste und bislang einzige große Freiflächen-PV-Anlage errichtet, was zur Haltung des Landes führte, künftig erst bereits verbaute Flächen – insbesondere Dächer – für PV-Anlagen zu nutzen.

Und auch illwerke vkw erproben im Großen Walsertal Innovationen im Strombereich, wie Vorstand Helmut Mennel erläutert: „Da in den Nullerjahren mehrere kleine Wasserkraftwerke entstanden sind, stieß das 30kV-Bestandsnetz an seine Grenzen. Um die Projekte nicht wirtschaftlich zu verunmöglichen, wurden im Rahmen eines mehrjährigen Forschungsprojektes mit einer „intelligenten Netzregelung“ neue Lösungswege erschlossen. Seit 2012 konnten damit vier weitere Kleinkraftwerke ohne Netzausbauten angeschlossen werden“. (mehr Infos und Projektfilm unter https://www.vorarlbergnetz.at/smart-grids.htm)

Und weil der produzierte Strom auch sinnvoll genutzt werden will, haben die illwerke vkw gemeinsam mit dem Energieinstitut Vorarlberg ein Forschungsprojekt zur Elektromobilität in Bergregionen durchgeführt, in dem mehrere Haushalte testweise mit Elektroautos ausgestattet wurden. Dabei wurden weder Reichweite noch das Aufladen als Hemmnisse angegeben (das Tal ist flächendeckend mit Ladeinfrastruktur ausgestattet). Allein leichte Skepsis vor dem Winterbetrieb (Schnee) und dem fehlenden Angebot an allradgetriebenen Autos trat beim Projekt zutage.

illwerke vkw investieren in die Lutzkraftwerke als Rückgrat für den Stromexport im Großen Walsertal

Damit das Große Walsertal nennenswert Strom in den Rest des Landes „exportieren“ kann, investieren die illwerke vkw kräftig in die Sicherheit und Effizienz der beiden Lutzkraftwerke. Seit 2012 wurden Druckrohrleitungen saniert, Generatoren in der Unterstufe erneuert, die Speicherfähigkeit erhöht und die Hochwassersicherheit an beiden Stufen verbessert. Bis zum Abschluss der Maßnahmen zur Hochwassersicherheit im Lauf des Jahres werden die illwerke vkw laut Mennel rund 25 Millionen Euro investiert haben.

Selbst Strom produzieren: Förderungen und Unterstützung für Private und Unternehmen

Wie am Beispiel Großes Walsertal zu sehen ist, braucht es sowohl den großen Energieversorger als auch eine Menge Engagement von Privatpersonen, Unternehmen und Gemeinden. Die können derzeit auf eine breite Palette an Unterstützung zurückgreifen, wie Karin Feurstein-Pichler vom Energieinstitut Vorarlberg erläutert.

Die Errichtung von Photovoltaikanlagen wird auch heuer vom Bund großzügig unterstützt werden. Die Tarifförderung für Photovoltaikanlagen ist für heuer bereits ausgeschöpft. Bei der Abwicklungsstelle für Ökostrom AG sind noch 2,6 Mio. Euro an Investitionsförderungsmitteln für Photovoltaik und Stromspeicher verfügbar. Ab 22.6 wurden zusätzliche 10 Mio. an Fördermitteln für Kleinanlagen durch Klimafonds bereitgestellt (Förderungsaktion: Photovoltaikanalgen 2020).

„Für Privatpersonen gibt’s im Energieinstitut neben dem immer verfügbaren kostenlosen Energietelefon eine spezielle PV-Beratung, in der vor Ort eine Bestandsaufnahme, Potential- und Kostenabschätzung erfolgt – und zwar produktneutral und unabhängig“, so Feurstein-Pichler.

Bei Unternehmen spielt die Anpassung der Anlage auf die Gegebenheiten vor Ort eine noch entscheidendere Rolle, als auf Wohngebäuden. Deshalb gibt es eine besonders attraktiv geförderte PV-Beratung für Unternehmen. Sie liefert eine fundierte Entscheidungshilfe für die richtige PV-Anlage, die vor allem auf einem optimierten Eigenverbrauch basiert.

PV-Unterstützung im Überblick

Unternehmen

PV-Beratung für Unternehmen als fundierte und abgesicherte Entscheidungshilfe für die richtige PV-Anlage – ob nach ökologischen oder ökonomischen Gesichtspunkten optimiert. Derzeit 70% Förderung auf die Beratungskosten.

Energie-Nachtisch vom Energieinstitut Vorarlberg zum Thema PV auf dem Firmendach am 7. Juli 2020 von 13:30 bis 14 Uhr als Webinar.

Förderungsaktion: Photovoltaikanalgen 2020 des Klima- und Energiefonds.

Private

Fragen zu Details kostenlos und produktneutral am Energietelefon im Energieinstitut Vorarlberg (05572 / 31 202-112)

PV-Beratung vor Ort: Bestandsaufnahme, Potential- und Kostenabschätzung.

Kostenloser Onlinevortrag „PV-Strom selbst produzieren, speichern und nutzen“ mit den wichtigsten Grundlagen zum Thema auf www.youtube.com/energieinstitut6850

Förderungsaktion: Photovoltaikanalgen 2020 des Klima- und Energiefonds.